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- KEP-Dienste in Deutschland – Teil 2: Herausforderungen
Im ersten Teil dieser Reihe haben wir einen Überblick über KEP-Dienste (Kurier-, Express- und Paketdienste) in Deutschland geliefert. Vom Paketstationen, Microhubs und Lastenrädern bis hin zu autonomen Lieferfahrzeugen und Flugdrohnen gibt es eine Menge bereits verfügbarer und zukünftiger KEP-Lösungen. Bei allen Angeboten gilt es für die Dienstleister zahlreiche Hürden und Probleme aus dem Weg zu schaffen. Wie genau diese Herausforderungen aussehen, das beleuchten wir in diesem zweiten Teil unserer Recherche zum Thema KEP-Dienste. Aus den Kundenwünschen einerseits, aber auch aus dem steigenden Druck durch weitere spezialisierte Anbieter andererseits steht die KEP-Branche vor zahlreichen Herausforderungen. Jeder KEP-Anbieter liefert aktuell ausschließlich seine Sendungen aus. Dementsprechend kann ein Haushalt unter Umständen täglich von mehreren Dienstleistern angefahren werden. Dies erhöht den lokalen Lieferverkehr enorm. Das Hauptproblem der KEP-Dienste besteht vor allem auf der letzten Meile. Sie gilt als kompliziert. Es muss eine effiziente Route gefunden werden, um eine große Anzahl von Lieferungen in einem Gebiet in möglichst kurzer Zeit zustellen zu können. Eine effiziente Auslastung reduziert Zeit, Aufwand und Kosten. Häufig sind die Empfänger*innen nicht anwesend. Das Paket muss unter Umständen in einem erneuten Zustellversuch oder an eine andere Adresse (z. B. eine Paketabholstation) geliefert werden. Stau und verstopfte Strassen Die Hälfte aller Lieferungen wird werktags zwischen 7 und 12 Uhr ausgeliefert. Herausfordernd dabei ist unter anderem auch der starke Verkehr in diesem Zeitfenster. Darüber hinaus ist die angespannte Parkplatzsituation vor allem in Großstädten herausfordernd. So halten KEP-Dienste mit ihrem Lieferfahrzeug häufig in zweiter Reihe und behindern dadurch den Verkehrsfluss. Die städtische Infrastruktur ist am Kapazitätslimit. Doch damit nicht genug. Auch die Strafen für das Parken in zweiter Reihe fallen durch die neue Straßenverkehrsordnung deutlich höher aus. Außerdem gilt die letzte Meile als teuer. Sie macht etwa 40 Prozent der gesamten Lieferkosten aus (Quelle). Das Segment der Same Day Delivery ist eine besondere Form der KEP-Dienstleistungen. Das Paket wird schneller, im Idealfall innerhalb weniger Stunden oder binnen eines Kalendertages zu einem bestimmten Zeitfenster zugestellt. Vor allem wird diese Zustellungsart bei Lebensmitteln, Arzneimitteln oder Ersatzteilen verwendet. Bis 2025 soll auch der E-Commerce-Markt und damit die Same Day Delivery steigen. DHL erreicht mit seinem Produkt SameDay 35 Millionen Kunden in mehr als 450 deutschen Städten und Gemeinden (Quelle). Auch DPD (DPD Express) und GLS bieten Same Day Delivery an. Onlineversandhändler Amazon (Amazon Prime) ist ebenso in diesem Marktsegment unterwegs. Darüber hinaus wollen sich immer mehr Startups in dem Nischenmarkt etablieren. Die bekanntesten Unternehmen in dem Bereich sind wohl Liefery, Tiramizoo und LuckaBox. Es bleibt festzuhalten, dass Same-Day-Lieferungen in der Logistik für einen erheblichen Mehraufwand bedeuten. Das macht die Routenführung der letzten Meile nicht effizienter, sondern verursacht im Gegenteil noch mehr Verkehr. PAKETSTATION NICHT VERFÜGBAR Für Endkund*innen besonders ärgerlich ist es, wenn die Paketstation bereits voll ist. So wird die Lieferung automatisch an eine andere Station oder aber eine Filiale geliefert. Dies muss nicht zwingend die nächst gelegene sein. Und so laufen Kund*innen ihren Paketen hinterher, statt sie bequem und gebündelt an einem Ort abzuholen. Die Unzufriedenheit mit dem System steigt, während die Wahrscheinlichkeit, sich erneut für diese Lieferoption zu entscheiden, sinkt. Amazon kennt die Belegung seiner Locker genau, weil jedes Paket dem Amazon-System zu jeder Zeit vollständig bekannt ist. Die Post hingegen hat keine derart tiefe Integration und kann deswegen nur Näherungswerte liefern. Demnach werden die folgenden Aspekte für die Zukunft hinsichtlich der Kundenzufriedenheit entscheidend sein: Anbieteroffenheit und die Netzdichte der Abholpunkte. Der Ausbau an Einfachheit und Bequemlichkeit stehen im Zentrum. Auch aus Sicht der KEP-Dienste ist der Ausbau von Paketstationen ratsam. Sie können unter Umständen die Kundenzufriedenheit erhöhen, da die Pakete rund um die Uhr abgeholt werden können. Das mehrfache Anfahren des Endkunden wegen einer Lieferung entfällt und reduziert damit auch gleichzeitig die hohen Lieferkosten auf der letzten Meile. Die Kosten reduzieren sich schon allein dadurch, dass nicht mehrere Häuser in einer Straße angefahren werden müssen, sondern nur eine Paketstation, die der Straße am nächsten gelegen ist. Je nach Aufstellort der Paketstationen wird auch das gefährliche Halten bzw. Parken in zweiter Reihe gemindert. Abstellort: Privatauto Die größten zwei Herausforderungen an der Zustellungsart „In-Car-Delivery“ ist die Flexibilität und der Zugang zum Fahrzeug, wenn es sich an schwierig zugänglichen Orten, wie zum Beispiel im Parkhaus, befindet. Doch auch hierfür haben sich erste Startups Lösungen überlegt. So installiert Cardrops ein sogenanntes „Starter Kit“ ins Fahrzeug, welches die GPS-Koordinaten des Fahrzeugs übermittelt, sobald sich das Fahrzeug mindestens 15 Minuten lang nicht bewegt hat. Basierend auf diesen Daten wird eine „Heatmap“ des jeweiligen Fahrzeugs erstellt und typische Abstellorte (voraussichtlich Wohn- und Arbeitsort) analysiert. Die täglichen und wöchentlichen Routinen ermöglichen anschließend eine relativ genaue Prognose, wo das Fahrzeug zu welchem Zeitpunkt geparkt und damit für die In-Car-Delivery zur Verfügung steht. E-ANTRIEB NICHT DER HEILSBRINGER Die Umstellung auf Elektroantrieb ist für die lokale Emissionsfreiheit vor allem in urbanen Räumen gut, jedoch lassen sich die Fahrzeuge auf Grund der Reichweite und der Ladezeiten nicht eins zu eins ersetzen. Neue Routen müssen berechnet und optimiert werden, was Aufwände bei den jeweiligen KEP-Diensten verursacht. Doch ein weiteres, großes Problem bleibt mit der Umstellung des Antriebs nicht gelöst – die Fahrzeuge werden weiterhin im Stau stehen und wenn sie in zweiter Reihe parken, auch den Verkehrsfluss beeinträchtigen. PricewaterhouseCoopers (PwC) veröffentlichte bereits 2017 eine Studie, in der steht, dass der städtische Güterverkehr bereits 20 bis 30 Prozent des Stadtverkehrs ausmacht, jedoch gleichzeitig etwa 80 Prozent des innerstädtischen Staus in den Stoßzeiten verursacht (Quelle). Eine mögliche Variante zur Unterstützung der KEP-Dienste sind ausgewiesene Parkflächen zum Be- und Entladen, sogenannte Ladezonen. Ladezonen werden teilweise sehr intensiv genutzt. Es gibt aktuell jedoch kein eigenes Ladezonen-Verkehrszeichen. Die Straßenverkehrsordnung (StVO) müsste dahingehend geändert werden. Der entsprechende Verband, Bundesverband für Paket und Expresslogistik e.V. (BIEK), setzt sich für eine Änderung ein. In der aktuellen Novelle ist jedoch kein gesondertes Verkehrsschild für ein Halteverbot, welches für den gewerblichen Lieferverkehr aufgehoben wird, enthalten. Das Problem des Parkens in zweiter Reihe bleibt somit weiterhin bestehen und verschärft sich durch die Erhöhung der Bußgelder für die KEP-Dienstleister. Auch wenn sich die Konsument*innen die Lieferung mit Elektrofahrzeugen wünschen, können Elektrotransporter gegenwärtig nur einen Teil zur Gesamtlösung des Verkehrsproblems beitragen (Quelle). Wohin mit den Microhubs? Vor allem der Platzmangel im innerstädtischen Raum bzw. die hohen Flächenkosten in der Innenstadt wurden seitens der Anbieter von Microhubs schnell als herausfordernd für eine langfristige Etablierung des Systems benannt. Dieses Problem ging das Projekt „Park up“ in Stuttgart an. Hier wurde beschlossen nicht genutzte Stellflächen in innerstädtischen Parkhäusern temporär an Betreiber von Mikro-Depots zu vermieten. Eine effiziente Auslastung der Parkflächen wurde anvisiert. Dazu entstand auch eine App, mit der eine dynamische Tarifierung der Parkflächen möglich ist. Das Hub-Sharing und die Ressourcenbündelung auch bei der Lieferung auf der letzten Meile könnten weiteres Optimierungspotential mit sich bringen. Die Pilotprojekte sind weitestgehend erfolgreich und es bedarf nun der Skalierung (Quelle). Die Erfahrungen zeigen, dass bei der Planung eines Mikro-Depots vor allem die Einwohnerdichte, Haushalte pro Quadratkilometer sowie das entsprechende Höhenprofil der einzelnen Stadtteile von Bedeutung sind (Quelle). Besonders herausfordernd ist der Mangel an Platz im öffentlichen Raum sowie der kosten- und zeitintensive Prozess, freie Flächen zu finden. Darüber hinaus bedarf es einer rechtssicheren Abstellmöglichkeit im öffentlichen Raum. Der BIEK (Bundesverband Paket und Express Logistik) schlägt hierzu vor, öffentlichen Straßenraum für mobile Mikro-Depots ähnlich wie beim Carsharing mit Hilfe von Sondernutzungsrechten zu öffnen. Mikro-Depots könnten auch in Verbindung mit Mobilitätsstationen zusammen geplant werden. Weiterhin unterstützend kann die Stadtverwaltung tätig sein. Klare Zuständigkeiten innerhalb der Verwaltung bzw. einen koordinierenden Ansprechpartner*innen (z.B. Last-Mile-Koordinator) zu haben, ist von großer Bedeutung. Vielversprechend: Cargobikes Teilweise müssen die neuen Cargobikes bzw. Lastenräder noch den Alltagstest bestehen, jedoch unterstützen die innovativen Konzepte insgesamt die Citylogistik. Wichtig bei den Lastenrädern ist, dass sie nicht ebenfalls die Straßen und noch viel wichtiger nicht den Fußweg blockieren. Sonst schwindet die Akzeptanz dieses Konzeptes sehr schnell. Fluggerät mit Imageproblem Etwa vier von zehn Privatpersonen können sich eine Lieferung per Drohne in den nächsten Jahren gut vorstellen (Quelle). In etwa genauso viele Branchenexpert*innen berichten in einer Umfrage, dass Drohnen bis 2027 die Lieferung zum Endkunden übernehmen werden. Doch so richtig will sich die Drohnenlieferung bisher in Deutschland nicht durchsetzen. Die fehlende Akzeptanz seitens der Nutzer*innen wird als Argument ebenso angeführt wie die rechtlichen Bedingungen (Quelle). So ist das Überfliegen von vor allem innenstädtischen Bereichen stark reglementiert. Auch die Privatsphäre der einzelnen Personen, die überflogen werden beziehungsweise die sich in den Häusern befinden, gilt als Hinderungsgrund. Die Akzeptanz seitens der Nutzer hängt stark vom Einsatzzweck der Drohne ab. Bei der Zustellung von Paketen spielt der Raumtyp eine große Rolle. So befürworten zwei Drittel der Befragten die Drohnenlieferung in unzulängliche Gebiete wie Berge oder Inseln, hingegen gibt es für die KEP-Drohne im normalen ländlichen Raum nur noch Zustimmungswerte von 46 Prozent. Innerhalb der Großstadt sinkt der Wert auf 27 Prozent. Das Stören der Privatsphäre, die Nutzung für kriminelle Taten oder gar Anschläge werden als Risiko der Drohnennutzung am höchsten gewichtet. Neben den rechtlichen Aspekten und der Bürgerakzeptanz ist auch zu berücksichtigen, dass das Liefervolumen weiterhin anwächst, sodass die KEP-Dienstleister sehr viele Drohnen im Einsatz haben müssten. Lieferdrohnen bleiben daher vorerst ein Nischenthema. _____________________ Ausblick auf Teil 3 Mit dieser Betrachtung der Herausforderungen für die KEP-Dienste beenden wir Teil 2 dieser Artikelreihe. Im dritten und letzten Teil setzen wir uns abschließend mit den Auswirkungen der Corona-Krise sowie dem Thema Nachhaltigkeit in der KEP-Branche auseinander. Unser Dank gilt dem Gastautor Toni Opl von der Choice GmbH Titelfoto © Wynand van Poortvliet, Unsplash
- KEP-Dienste in Deutschland – Teil 1: Bestandsaufnahme
Der weltweite Online-Handel wächst! Das ist einerseits gut für die Branche der KEP-Dienste (kurz für Kurier-, Express- und Paketdienste), andererseits aber schlecht für die ohnehin schon staugeplagten Städte. Für sie stellt die wachsende Zahl an Anbietern und Lieferfahrzeugen eine starke zusätzliche Belastung dar – auch mit der Umstellung auf Elektroantrieb. Gleichzeitig gibt es aber auch positive Entwicklungen und Innovationen auf der letzten Meile. Stichworte: Packstationen, Microhubs, Lieferdrohnen etc. Wir möchten mit diesem mehrteiligen Artikel zunächst den Status quo im Bereich der Lieferdienstleistungen in Deutschland darstellen. Wir beleuchten Anbieter und Systeme sowie alte und neue Geschäftsmodelle. Im weiteren Verlauf der Reihe skizzieren wir dann, welchen Herausforderungen sich die KEP-Dienste stellen müssen und wie sich Angebote für die Zukunft optimieren ließen, um den Lieferverkehr zu reduzieren. Ein kurzes Vorwort Haupt-Autorin dieses Artikels ist Josephine Steiner (Nuts One). Toni Opl von der Choice GmbH wirkte als Co-Autor ebenso mit wie Nils Werner (Nuts One). Die Choice GmbH mit Sitz in Nürnberg ist die Muttergesellschaft von Nuts One. Sie ist ein Dienstleister für Mobilitätslösungen, dessen Angebot von Carsharing- und Langzeitmietsysteme über Mobilitäts-Apps bis hin zum schlüssellosen Fahrzeugzugang via Smartphone reicht. Weitere Informationen zur Choice findest Du hier. Und über neue Konzepte für urbane Mobilität berichtete die Choice unter anderem in diesem Artikel. _____________________ Der Markt für Kurier-, Express- und Paketsendungen wächst in Deutschland weiterhin. Im Jahr 2018 wurden insgesamt 3,52 Milliarden KEP-Sendungen transportiert (Download BIEK-Studie). Der Gesamtumsatz der Branche lag im gleichen Jahr bei 20,4 Milliarden Euro, was mit einem Anstieg zu den Vorjahren einhergeht. Es wird davon ausgegangen, dass der Markt bis 2023 weiterhin Zuwächse verzeichnen wird. Allein das Segment Paketsendungen soll in den kommenden Jahren um fünf Prozent jährlich steigen. Vor allem der B2C-Anteil im Paket-Segment ist in den letzten zehn Jahren gewachsen. Lag der Anteil der Paketlieferungen zwischen einem Unternehmen und der Endkundschaft 2009 noch bei 45 Prozent, so ist er 2018 bereits auf 62 Prozent gestiegen. Sicherlich spielt hierbei das Wachstum beim Online-Shopping eine große Rolle. So stiegen die Umsätze im E-Commerce in den letzten zehn Jahren von 12,6 Milliarden Euro im Jahr 2008 auf 53,3 Milliarden Euro im Jahr 2018. Analystinnen und Analysten innen sind sich einig und prognostizieren weiteres Wachstum. Einfach und bequem… Knapp 90 Prozent der Deutschen kaufen mindestens einmal pro Jahr online ein, wobei 29 Prozent mindestens einmal in der Woche online shoppen. Dabei begrenzt sich die deutsche Kundschaft nicht mehr nur auf Bücher, sondern kauft von Elektronik über Kleidung bis hin zu Kosmetikartikeln alles online. Es ist meist bequem und einfach. Der Marktplatz Amazon hat einen Löwenanteil des Umsatzes, geschätzt etwa 37 Prozent, am deutschen Online-Markt. Insbesondere die große Produktauswahl sowie die hohe Zufriedenheit der Kunden machen Amazon so erfolgreich. Aktuell lassen sich Online-Shopping-Kund*innen zu großen Teilen ihre Ware direkt nach Hause liefern (90 Prozent der Befragten). Während 13 Prozent sich die Pakete an eine Paketstation liefern lassen, senden acht Prozent ihr Paket direkt an eine Person in der Nachbarschaft und sieben Prozent an den Arbeitsplatz. Laut PricewaterhouseCoopers (PWC) ist 91 Prozent der Konsument*innen wichtig, dass zukünftig kostenfrei geliefert wird. Weiterhin ist eine Sendungsverfolgung aus Kundensicht wichtig. Etwa drei von vier Konsument*innen finden eine Lieferung in einem bestimmten Wunschzeitraum wichtig. Der Bundesverband der Kurier-Express-Post-Dienste e.V. (BDKEP) kommt zu ähnlichen Ergebnissen (Download Studie). Laut BDKEP erwarten die Empfänger*innen auch zukünftig einen bestimmten Servicegrad der KEP-Dienste: Es wird neben der Haustürzustellung auch eine hohe Flexibilität, das heißt die Möglichkeit der Anpassung des Lieferortes oder der Lieferzeit, gewünscht. Weiterhin geben die befragten Personen der Studie an, eine gewisse Zahlungsbereitschaft für die Lieferung innerhalb eines festgelegten Zeitfensters zu besitzen. Auch ist den meisten Empfänger*innen bewusst, dass Packstationen und Paketannahmestellen zukünftig eine größere Rolle spielen. Altbewährt: der Paketshop Paketshops dienen als Annahme- und Abgabestelle für Paketsendungen. Sie sind häufig ein Nebenerwerb von kleineren Geschäften wie Schreibwarenläden, Kiosken, Tankstellen, Bäckereien, Foto- oder Kopierläden. Die Idee von Paketshops ist recht simpel: die KEP-Dienste wollen ihre Pakete möglichst an einem Punkt abgeben beziehungsweise abholen, um ihre Routen zu kürzen sowie Zustellzeiten zu verringern. Dafür erhalten die Ladeninhaber*innen eine kurze Schulung und Einarbeitung, kostenfrei bereitgestellte Technik des entsprechenden KEP-Dienstleisters, Werbemittel sowie den Support durch eine Service-Hotline. Ladenbesitzer*innen sollen ebenfalls in diesem Modell profitieren und erhalten einerseits eine Vergütung pro Paket, welches sie annehmen. Weiterhin besteht die Möglichkeit, durch diesen Zusatzservice neue Kundengruppen zu erschließen bzw. bestehende Kund*innen an das Unternehmen zu binden. Personen, die ihr Paket abholen oder ein Paket abgeben wollen, stoßen so auf das Sortiment des Ladens. Die Wahrscheinlichkeit der Umsatzsteigerung eigener Produkte steigt für Ladenbesitzer*innen. KEP-Dienste stellen dabei folgende Anforderungen an das Geschäft: kundenfreundliche Öffnungszeiten und Service, Vorhandensein eines separaten Bereichs für Pakete und eine hohe Verlässlichkeit. Dies ist aber leider nicht immer der Fall und wird offensichtlich auch nicht lückenlos überprüft. KEP-Dienste im Drogeriemarkt Mitte Februar 2020 kündigte die Drogeriemarktkette dm an, in den mehr als 150 Märkten in Berlin, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern einen neuen Paketservice zu testen. Kund*innen können ihre Pakete in einen der dm-Märkte liefern lassen und während der Öffnungszeiten abholen. Zudem nehmen Mitarbeiter*innen und vor Ort DHL-Retouren-Pakete entgegen und übernehmen den Versand. Bemerkenswert ist hierbei die Tatsache, dass es DM als erster „Paketshop“ geschafft hat, zumindest bei der Anlieferung alle gängigen KEP-Dienste ins Boot zu holen. Bisher konzentrierten sich solche Lösungen immer auf einzelne Anbieter. Aufgrund der Corona-Pandemie und den damit einhergehenden Beschränkungen wurde der dm-Paketservice bereits nach kurzer Zeit ausgesetzt. Wahrscheinlich ist, dass das Angebot nach der Krise aber wieder an den Start geht. Paketannahme „Nebenan“ Auch Privatpersonen können sich durch die Annahme von Paketen durch die Nachbarschaft einen kleinen Geldbetrag dazu verdienen. Dazu muss man sich lediglich bei einem Unternehmen wie Paketfuxx registrieren. Paketfuxx basiert auf einer von Hermes bereitgestellten Plattform und nutzt ein Netzwerk von Menschen, die oft daheim sind und gegen eine geringe Vergütung Pakete für ihre Nachbar*innen annehmen. Das hilft dabei, mehrfache Zustellversuche der KEP-Dienste zu mindern. Derzeit ist Paketfuxx in den Städten Berlin, Nürnberg, Leipzig und Dresden aktiv. Auch Onlineversandhändler Amazon hat für sich das Konzept des Paketshops entdeckt. So bündelt er unter der Dachmarke Amazon Hub sowohl die Abholtheken (Counter), wie sie beispielsweise bei Karstadt in Deutschland verfügbar sind, als auch die Paketstation Amazon Locker. Die Vereinigung von Paketshop und Laden ist gleichzeitig eine Verknüpfung zwischen Online- und Offline-Geschäft. Zentrale Annahmestelle Paketstation Eine Paketstation ist ein Paketautomat. Kund*innen haben die Möglichkeit, sich ihre Produkte direkt in die Paketstation liefern zu lassen. Der Paketautomat hat verschiedene Fächergrößen, sodass kleinere und größere Pakete bis zur Abholung aufbewahrt werden können. Kund*innen erhalten, sobald das Paket in der Station liegt, eine E-Mail mit einer Verifizierungsnummer, die beim Abholen der Lieferung benötigt wird. Aktuell gibt es in Deutschland vor allem die von DHL belieferten Packstationen, Amazon-Locker und Paketstationen der Firma Parcellock, welche von Hermes und DPD betrieben werden. Die Paketstationen werden vor allem außerhalb der Stoßzeiten von Transportern oder Lkws beliefert. DHL verzeichnete Anfang 2019 etwa 3.700 Packstationen in Deutschland. Ein weiterer Ausbau ist geplant. Bis 2021 sollen insgesamt 7.000 Packstationen in Betrieb sein. Amazon hat mehr als 500 Locker-Boxen (Stand: Mai 2019) in Deutschland. ParcelLock hat insgesamt drei Produkte entwickelt: Paketstation, Mehrfamilienhausanlagen und Paketkästen für Einfamilienhäuser. Diese anbieteroffenen Produkte ermöglichen das Bündeln von mehreren Lieferungen direkt vor Ort. Ein aktuelles Beispiel für den Einsatz von anbieteroffenen Paketstationen von ParcelLock ist die „Hamburg Box“. Sie wird zunächst an 17 großen ÖPNV-Stationen getestet. So sollen sich Reisende, Tourist*innen, Pendelnde und Anwohnende ihre Pakete an einen Ort liefern lassen und jederzeit ihre Lieferungen abholen können. Beliefert werden kann die Hamburger Box von Hermes, DPD und GLS. Weitere KEP-Dienste können sich beteiligen, tun dies jedoch aktuell nicht (Quelle). Pakete ins Büro liefern lassen Auch BentoBox, Pakadoo, Paketsafe oder EmmasBox (Paketstation inkl. Kühlung) sind Anbieter einer anbieterunabhängiger Paketstation. Das 2015 gegründete Unternehmen Pakadoo verfolgt grundsätzlich die Idee, dass Pakete an einem bestimmten Ort gebündelt und vom Empfänger mitgenommen werden können. Neben einem dienstleisterunabhängigen Paketschrank kann dies auch beim Arbeitgeber direkt geschehen. Gerade bei größeren Unternehmen existiert eine Postannahmestelle, die entsprechend auf das Pakadoo-System geschult werden kann. So schaffen Arbeitgeber*innen einen „social benefit“ und sorgen gleichzeitig dafür, dass Paketlieferungen gebündelt und vergebliche Zustellversuche oder Fahrten zur Paketabholung vermieden werden. Die Vorteile von Paketstationen liegen vor allem in ihrer umfangreichen Verfügbarkeit. Befinden sich die Paketstationen im öffentlichen Raum sind sie täglich 24 Stunden und das an sieben Tagen in der Woche für den Lieferanten, aber auch den Endkund*innen zugänglich. Insbesondere anbieteroffene Systeme bieten hierbei Vorteile. Aus Sicht der Kund*innen soll die Ware möglichst in der Nähe abholbereit stehen und nicht in Abhängigkeit des KEP-Dienstes von unterschiedlichen Stationen abgeholt werden. Das Auto als Paketstation Die Idee der In-Car-Delivery ist ähnlich zur Paketstation. Die online bestellte Ware wird jedoch nicht an eine feste Paketstation geliefert, sondern direkt in den Kofferraum des eigenen Pkws gelegt. Hierzu gibt es einige Pilotversuche beispielsweise von Volvo (seit 2014, allerdings außerhalb Deutschlands), Audi zusammen mit Amazon, Daimler oder VW. Letzterer kooperiert mit DHL beim Service „We deliver“ seit 2019. Auch Smart-Fahrer*innen können den Lieferservice „Smart Ready to drop“ bereits in mehreren deutschen Städten nutzen. Allen gemein ist die Funktionsweise: Ein Smartphone inklusive einer App sowie ein bisschen zusätzlicher Hardware im Auto sind nötig. Sollte sich das Fahrzeug des*der Kund*in zur entsprechenden Lieferzeit außerhalb der Lieferzone (Umkreis um die Lieferadresse) befinden, geht das Paket automatisch an die nächste Postfiliale. Daimler nannte seinen In-Car-Delivery-Service „Chark“. Pkw-Besitzer*innen übergeben bei der Lieferfunktion temporär den digitalen Fahrzeugschlüssel des parkenden Autos an den KEP-Dienstleister. Das Fahrzeug kann im Umkreis von 500 Metern zum angegebenem Parkort via GPS geortet, einmalig geöffnet, jedoch nicht weggefahren werden. Chark kooperiert dabei mit dem Anbieter Liefery. KEP-Dienste setzen auf E-Antrieb Eine weitere Entwicklung zeichnet sich ab. So kaufen immer mehr KEP-Dienste Fahrzeuge mit Elektroantrieb. DPD bestellte kürzlich 300 elektrische Transporter des Typs Nissan e-NV200 für den Einsatz in Großbritannien (Quelle). Noch im Mai 2020 sollen diese zum Einsatz kommen. Bis Jahresende sollen insgesamt 500 Elektrofahrzeuge für DPD in Großbritannien unterwegs sein. Während DPD Fahrzeuge bestellt, sind andere KEP-Dienstleister eher daran interessiert die Fahrzeuge auch mitzugestalten. So macht es beispielsweise der Logistikriese UPS, indem er sich am Unternehmen Arrival beteiligt und gleichzeitig 10.000 Elektrofahrzeuge für den europäischen und amerikanischen Markt bestellte. Auch Amazon beteiligt sich an Rivian und bestellt 100.000 Elektro-Transporter, die möglichst funktional, leistungsstark, sicher und an die Bedürfnisse von Amazon angepasst sein sollen. Einen Schritt weiter ging DHL. Der Konzern hat ganz in Eigenregie unter der Marke StreetScooter Elektrofahrzeuge entwickelt und produziert. DHL verfolgte damit das Ziel, die Fahrzeugflotte auf Elektrofahrzeuge umzustellen und diese mit regenerativ erzeugtem Strom zu betreiben. Die monatelange Suche nach einem Partner oder Käufer für StreetScooter ist allerdings gescheitert und so wird die Produktion der Elektro-Lieferwagen im Laufe des Jahres 2020 eingestellt (Quelle). Zentrale Anlaufstelle Die Idee der Microhubs ist es, die letzte Meile so zu verkürzen, dass man sie ökonomischer und ökologischer zurücklegen kann als bisher. Während man zu Zeiten, in denen der Verkehr gering ist (vorwiegend nachts) die Microhubs aufstellt oder befüllt, können zu den Tageszeiten andere Verkehrsmittel wie beispielsweise Lastenfahrräder die letzte Meile zurücklegen. Microhubs können dabei innerhalb von Immobilien, etwa in Parkhäusern oder leerstehenden Shops, aber auch mobil in Form eines Transporters oder Containers im Straßenraum sein. Microhubs pilotierten bereits in zahlreichen Städten. In der Hamburger Innenstadt beispielsweise nutze man bereits 2015 Container von UPS als Microhub. Sie sind etwa zehn bis 30 Quadratmeter groß und stehen im öffentlichen Raum. Morgens belieferten LKW die insgesamt vier Mikro-Depots und im Laufe des Tages beförderte das Personal des Dienstleisters die Pakete zu Fuß oder per Lastenrad zu den Endkund*innen. MEHRERE PILOTPROJEKTE IN DEUTSCHLAND Auch in München wurden Erfahrungen mit Mikro-Hubs gemacht. Hier wurden die Mini-Umschlagsplätze im öffentlichen Parkraum realisiert. Eine Umzäunung der Depots diente auch gleichzeitig der Kommunikation des Vorhabens. Im Anschluss an das Projekt werteten die Betreiber den jeweiligen Lieferradius der Depots aus. So wurden alle Endkund*innen innerhalb eines 800-Meter-Radius um das Mikro-Depot herum per Lastenrad schnell und klimaneutral mit ihren Paketen beliefert. DHL hat in Frankfurt am Main einen City-Hub eröffnet, welcher ein zentraler Umschlagsplatz in Form eines Mikro-Depots für innerstädtische Express-Zustellungen darstellt. Hierfür mietete die Stadt drei Parkplätze dauerhaft an, auf denen nun ein umgebauter Bürocontainer steht. Vier Lastenräder werden eingesetzt, um dauerhaft CO2-frei Pakete in der Innenstadt zuzustellen. Jedes der Lastenräder kann bis zu 80 Sendungen befördern. DHL spart durch dieses System zwei Zustellfahrzeuge und somit jährlich rund 20 Tonnen CO2. In Berlin testete man mit dem Projekt KoMoDo (Kooperative Mikro-Depots für den nachhaltigen Einsatz von Lastenrädern in Berlin) einen Aspekt und etablierte im Stadtteil Prenzlauer Berg ein Mikro-Depot gemeinsam für die großen KEP-Dienstleister DHL, DPD, GLS, Hermes und UPS. Jeder der Dienstleister erhielt jedoch einen separaten Container für seine Pakete und lieferte mit eigenen Cargobikes aus. Die Bündelung von Paketen bei der Auslieferung und damit die Bündelung von Fahrten berücksichtigte leider auch dieses Projekt nicht. DER GUTE ALTE DRAHTESEL Neben den Mikro-Hubs oder Mikro-Depots sind für dieses Konzept auch die Lastenfahrräder bzw. Cargobikes als zweiter Teil des Systems für die KEP-Dienste wichtig. Es gibt zahlreiche unterschiedliche Lastenfahrräder. Einige Startups wie ONO oder Citkar bringen neue Modelle auf den Markt. Der Loadster von Citkar ist beispielsweise radwegtauglich, sehr robust und im Vergleich zu herkömmlichen Transportern führerschein- und steuerfrei zu fahren. Der Loadster besitzt einen kompletten Witterungsschutz und kann sogar um Türen und Scheibenwischer ergänzt werden. Eine Akkuladung reicht etwa 50 Kilometer weit, wobei insgesamt drei Steckplätze vorhanden sind. Die Transportbox hat eine Grundfläche von 64 x 98 cm und kann eine Nutzlast von 250 kg (inkl. Fahrer*in) transportieren. ONO überzeugt mit einer wettergeschützten Fahrerkabine, einer Leichtbaukarosserie, einem Elektromotor inkl. eines Akkus mit einer Reichweite von 50 Kilometern sowie der Cargoeinheit mit einem Ladevolumen von 2 Kubikmetern. Die Cargoeinheit kann schnell und bequem über die integrierte Laderampe ausgetauscht werden. Auch das Bremer Joint-Venture Rytle bietet für die letzte Meile Lastenräder mit einer Wechsel-Box an. Diese kann einerseits mit dem Lastenrad verbunden werden und andererseits in einem Hub zwischengelagert werden. Rytle bietet damit einen Container (Hub), indem die Wechselboxen stehen, sowie das entsprechende Lastenrad als Komplettlösung an. Das Gesamtkonzept wird als clever, agil und benutzerfreundlich vermarktet und bereits in mehr als 50 Städten weltweit eingesetzt (Quelle). R2D2 LÄSST GRÜSSE Eine weitere Entwicklung der KEP-Dienste betrifft die Fahrzeuge. Diese sollen möglichst ohne Fahrer*innen unterwegs sein. Hierbei betrachtet man aktuell zwei verschiedene Systeme: Lieferroboter und autonome Lieferwagen. Lieferroboter fahren meist mit einer Geschwindigkeit zwischen vier und sechs Kilometern die Stunde auf dem Gehweg. Die geringe Geschwindigkeit ist ein enormer Vorteil für die Sicherheit von Fußgänger*innen. Gleichzeitig gewährt die Langsamkeit dem Teleopertator auch ausreichend Reaktionszeit. Dieser Mensch beobachtet mehrere Lieferroboter an seinem Monitor und übernimmt die Steuerung in kritischen Situationen. Die kleinen Lieferroboter wurden speziell für den Einsatzzweck von Paketauslieferung konzipiert und sind dementsprechend sehr funktional. Im Innenraum lagert das Paket und nach einer Identifizierung für einen Code lässt sich die Klappe öffnen und die Ware entnehmen. Die Lieferroboter haben einen elektrischen, verschleißarmen Antrieb und sind mit diversen Kameras, GPS und Sensoren ausgestattet. An Bord des Roboters befindet sich außerdem möglichst wenig energiefressende Technik, um die Reichweite nicht unnötig zu verkürzen. Bisher werden die Lieferroboter vor allem in Gebieten mit wenig Fußgänger*innen und einer möglichst einfachen Infrastruktur getestet. Expert*innen sehen einen großen Markt für diese Technologie und erwarten den technischen Wendepunkt für das Jahr 2025. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass sich die Software entsprechend weiterentwickelt und den Einsatz in komplizierten Umfeldern ermöglicht. Megatrend „Autonome Fahrzeuge“ Neben den Gehweg-Lieferrobotern fahren auch autonome Lieferroboter auf der Straße. So bietet das Startup AutoX das Ausliefern von Lebensmitteln mit einem autonomen Fahrzeug an und das Startup Nuro hat sogar für diesen Zweck einen selbstfahrenden Mini-Lieferwagen entwickelt und produziert. Die Tests in den USA werden nun dank einer Sondergenehmigung ausgeweitet (Quelle). Durch die Lieferroboter erhofft man sich eine Steigerung der Wirtschaftlichkeit der letzten Meile durch das Einsparen von Personal. Der Anbieter Nuro geht aktuell davon aus, dass sich die Kosten der Lebensmittellieferung mit autonomen Fahrzeugen auf fünf Prozent der Kosten einer menschlichen Lieferung reduzieren lassen. Eines der Kernprobleme, die bereits heute bestehen, wird jedoch mit dieser Entwicklung nicht gelöst – Empfänger*innen der Pakete müssen am entsprechenden Lieferort persönlich angetroffen werden. Neben der Automatisierung auf der letzten Meile werden auch andere Teilschritte der Lieferkette testweise automatisiert. Neben autonom fahrenden Gabelstaplern und Hubwagen in den Logistikzentren laufen im öffentlichen Raum Testbetriebe für autonome Lieferfahrzeuge. Fahrerlose Lkw sind dabei nur ein Beispiel. In einem aktuellen Pilotversuch transportieren selbstfahrende Autos von Waymo Pakete von den UPS-Ladengeschäften in das nächstgelegene Verteilerzentrum. Zustellung aus der Luft Bereits seit mehreren Jahren arbeiten diverse Dienstleister auch an der Lieferung via Drohne, da sie den Straßenverkehr maßgeblich entlasten soll. Im Herbst 2014 transportierte eine Drohne von DHL erstmals Medikamente auf die Insel Juist (Quelle). Seitdem führt DHL weitere Tests wie beispielsweise in den Alpen durch. Auch andere Anbieter wie Amazon zogen nach und vermeldeten die ersten Auslieferungen mit einer unbemannten Drohne im Jahr 2016 in Amerika. Auch DPD beliefert seit 2016 ein abgelegenes Gewerbeareal in Frankreich. Die Drohne bewältigt die 15 Kilometer lange Strecke autonom und könne Pakete bis zu drei Kilo transportieren. Aktuell steht vor allem der Transport von kleinen Gütern im Fokus. UPS plant derzeit beispielsweise eine Zertifizierung für den Einsatz von kommerziellen Drohnen insbesondere im medizinischen Frachtguttransport im amerikanischen Markt (siehe obiges Video). Außerdem kooperiert die Drogeriekette Walgreens in den USA mit Fedex und Wing Aviation, um online bestellte kleine Waren innerhalb von nur wenigen Minuten auszuliefern. _____________________ Ausblick auf Teil 2 Mit diesem Marktüberblick beenden wir Teil 1 dieser Artikelreihe. Wie eingangs erwähnt, widmen wir uns im nächsten Teil den vielen Herausforderungen, denen sich die KEP-Dienste in Deutschland stellen müssen. Teil 3 beschäftigt sich dann abschließend mit den Auswirkungen der Corona-Krise auf die KEP-Branche sowie dem Thema Nachhaltigkeit. Unser Dank gilt dem Gastautor Toni Opl von der Choice GmbH. Titelfoto: Claudio Schwarz, Unsplash
- Pooling-Dienste bekommen rechtliche Grundlage
Nach langen und zähen politischen Verhandlungen hat der Bundesrat am 26. März 2021 einer Novelle des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) zugestimmt. Die Ursprungsversion des Gesetzes stammt in den Grundzügen noch aus dem Jahr 1964 und wurde zuletzt vor über 30 Jahren erneuert. Es kommt also aus einer Zeit, in der ausschließlich Taxis sowie klassische Busse und Bahnen Personenbeförderungen anboten. Mittlerweile ist die Angebotspalette um einige Produkte gewachsen. Ridepooling- und andere digitale Fahrdienste bekommen mit der Novelle nun erstmals einen gefestigten Rechtsrahmen und müssen nicht länger unter der zeitlich befristeten Experimentierklausel ihr Angebot offerieren. Es ist eine rechtliche Grundlage geschaffen worden, welche digitale Geschäftsmodelle im Nahverkehr ermöglicht und zugleich regulierend auf sie wirkt, um den klassischen ÖPNV nicht zu schwächen. Der ÖPNV wird um den sogenannten Linienbedarfsverkehr erweitert, mit dem lokale Verkehrsunternehmen flexibel auf hohe oder niedrige Nachfragen reagieren können. In ländlichen Räumen existieren schon seit einigen Jahren sogenannte Rufbusse oder Anruf-Sammel-Taxis, die dem Prinzip ähneln. Neu ist die frei wählbare, bzw. von einem Algorithmus gesteuerte Routenführung sowie Unabhängigkeit von einem Fahrplan. Werden solche benutzerorientierten Fahrdienste wie das Ridepooling außerhalb des ÖPNV angeboten, sind sie fortan unter der neugeschaffenen Kategorie des gebündelten Bedarfsverkehrs genehmigungsfähig. Im Gegensatz zum ÖPNV sind sie grundsätzlich jedoch von der Beförderungs- oder Tarifpflicht ausgenommen. Allerdings wurden den Genehmigungsbehörden bzw. Aufgabenträgern umfassende Steuerungsmöglichkeiten zugesprochen. Sie können nun u.a. Vorgaben zu Poolingquote*, Höchstbeförderungsentgelte oder der Rückkehrpflicht machen. Auch für den Mietwagenverkehr, bei dem die Rückkehrpflicht für auftragslose Fahrzeuge aus Rücksicht zum Taxigewerbe weiterhin bestehen bleibt, wurden stärkere Eingriffsmöglichkeiten der Kommunen vereinbart: analog zum Pooling dürfen Mietwagen stärker reguliert werden, wenn in Städten mit mehr als 100.000 Einwohner*innen der Mietwagenanteil mindestens 25% ausmacht. Den Kommunen kommt also eine zentrale Rolle bei der praktischen Ausgestaltung der neuen Verkehrsformen zu. Grundsätzlich ist die Novelle des PBefG zu begrüßen. Es ist gut, dass plattformbasierte und digitale On-Demand-Verkehre nun neben Taxi und Mietwagen zum weiteren Bestandteil des öffentlichen Verkehrs werden. Dieser Schritt war lange überfällig, schließlich werden solche flexiblen Angebote insbesondere in Städten schon seit längerer Zeit genutzt und standen rechtlich viel zu lange auf wackeligen Beinen. Die Bedarfsverkehre besitzen großes Potential, den motorisierten Individualverkehr zu reduzieren. Dass den Kommunen bei der Ausgestaltung der Angebote maßgebliche Steuerungs- und Regulierungsmöglichkeiten zugesprochen wurden, ist zum Schutz des ÖPNV durchaus sinnvoll. Allerdings wird es die ohnehin schon dünn besetzten Behörden und Ämter vor neue personelle und inhaltliche Herausforderungen stellen, was die Umsetzungsfähigkeit der Maßnahmen zumindest fraglich erscheinen lässt. Aus ökologischer Sicht lässt sich über das Festhalten an der Rückkehrpflicht für auftragslose Mietwagen sicherlich streiten. Leerfahrten zum Betriebssitz können nicht nachhaltig sein. Immerhin ist es den Anbietern gestattet, mehr als einen Betriebssitz anzugeben, sodass die Rückfahrten verkürzt werden. Aus sozial-ökonomischer Perspektive ist die Rückkehrpflicht jedoch nach wie vor von Relevanz, da sie den ÖPNV vor einem unfairen Wettbewerb schützt und insbesondere vom Taxi abgegrenzt wird, welches Beförderungs- und Tarifpflichten einzuhalten hat. Eine deutlich größere Bedeutung wird die Novelle in Kombination mit dem Gesetz zum autonomen Fahren bekommen, welches möglicherweise noch in dieser Legislaturperiode verabschiedet wird. Eine Einschätzung zu dem Gesetzesentwurf könnt ihr hier nachlesen. *Anteil der geteilten Fahrten (mehr als eine Person im Fahrzeug) mit Zustiegen der Fahrgäste an unterschiedlichen Haltestellen. Die Quote beschreibt das Verhältnis von Fahrzeugkilometern zu Personenkilometern.
- Wie werden automatisierte Shuttles die Zukunft der Mobilität beeinflussen?
Unsere Mobilität wird sich verändern. In Zukunft werden immer mehr Fahrzeuge mit einem Elektroantrieb unterwegs sein. Doch eine solche Verkehrswende allein reicht nicht, um Klimaschutzziele zu erreichen, eine Mobilität für alle zu gewährleisten sowie lebenswerte Städte zu schaffen. Es wird zudem eine Veränderung im Mobilitätsverhalten erforderlich sein. In dieser Mobilitätswende wird der Besitz von privaten Fahrzeugen abnehmen, indem Verkehrsmittel gleichwertig behandelt und Subventionierungen des privaten Autos abgeschafft werden. Beispielsweise darf die Flächennutzung eines Pkws innerstädtisch nicht mehr nur mit 10 Euro im Jahr angesetzt werden. Reale Preise werden hier zu einem Umdenken führen. Es gibt bereits viele verschiedene Mobilitätskonzepte, die eine lebenswerte Stadt fördern. In Paris wird derzeit stark an einer Stadt der 15 Minuten gearbeitet. So sollen alltägliche Ziele innerhalb von 15 Minuten zu Fuß erreicht werden. Barcelona hingegen baut seine Superblocks weiter aus und in Berlin gibt es inzwischen zahlreiche Kiezblock-Initiativen, die ebenfalls auf eine Beruhigung des Straßenverkehrs und Erhöhung der Aufenthaltsqualität setzen. Die Bedingungen sind global, aber auch national überall unterschiedlich. Jede Stadt und jede Kommune wird ein für sich passendes Konzept entwickeln, um eine nachhaltige Mobilität mit weniger CO2-Ausstoß und weniger Lärm zu etablieren. Das automatisierte Fahren wächst in den nächsten Jahren aus den Kinderschuhen heraus und wird perspektivisch in den Realbetrieb überführt. So werden die fahrerlosen Kleinbusse ganz selbstverständlich als Teil des ÖPNV die Mobilitätslandschaft prägen. Im Privatbesitz hingegen löst das automatisierte Fahrzeug wenig Probleme: Flächengerechtigkeit und Besetzungsgrad beispielsweise würden dadurch nicht verbessert werden. Dieser Logik folgend ist das automatisierte Fahrzeug vor allem im ÖPNV einzusetzen. Hierfür gibt es bereits zahlreiche Projekte. Bereits 2016 zog der erste fahrerlose Shuttle auf dem EUREF-Campus in Berlin seine Runden. Inzwischen sind die Fahrzeuge deutschlandweit in verschiedenen Testszenarien und Regionen (z.B. Südwestfalen autonom & mobil, Shuttle-Modellregion Oberfranken) unterwegs. Die Menschen vor Ort sind häufig interessiert und testen die neue Mobilitätsdienstleistung gern. Nach der Fahrt mit einem automatisierten Shuttle äußern sich die meisten Menschen positiv – sie fühlen sich während der Fahrt sicher, die Fahrt ist bequem und sie würden es wieder nutzen. Nur die Geschwindigkeit wird häufig als Kritikpunkt geäußert. Aber auch hier wird sich die Technik weiterentwickeln. Fazit: Es geht in der Mobilität zukünftig vermehrt um Flächengerechtigkeit, um gegenseitige Rücksichtnahme und um einen lebenswerten Raum – egal ob in Großstädten oder ländlichen Räumen. Die Mobilität der Zukunft wird individuell, jedoch mit möglichst wenig motorisiertem Individualverkehr realisiert.
- Lastenradsharing – das Beispiel „Avocargo“ aus Berlin
Nach dem Vorstoß der Grünen, den Umstieg auf das Lastenrad bundesweit auch für private Zwecke zu fördern, ist in den vergangenen Wochen wieder mal eine hitzige Debatte um alternative Verkehrsmittel entstanden. Die Diskussion scheint allerdings oft am eigentlichen Punkt vorbei zu führen und ein emotionaler Disput zwischen den Befürwortern und Gegnern des privaten Pkws zu sein, wie der Spiegel hier beschreibt. Zeitgleich hat in den letzten Wochen der Anbieter Avocargo mit der Einführung eines Lastenradsharings in Berlin auf sich aufmerksam gemacht. Gründe genug, dass wir uns das Thema Lastenrad mal genauer ansehen. Kurz und knapp zusammengefasst: Das Lastenradsharing von Avocargo funktioniert ähnlich wie das Free-Floating-Carsharing. Über eine App können sich Nutzende das nächste freie Lastenrad mieten und es anschließend überall im Nutzungsgebiet wieder abstellen. Beschränkt ist der Dienst in Berlin derzeit auf den Bezirk Prenzlauer Berg, was sich aber bald ändern soll. Auch Partnerschaften mit dem Einzelhandel bestehen (bspw. Bio Company, OBI). Der Mietpreis liegt bei 1,90€ für 20 Minuten. Neben diesem Sharingdienst gibt es auch noch weitere Leihmodelle anderer Anbieter. Diese finden dann in Form eines Lastenradverleih statt (händische Übergabe des Rades). Auch hier gibt es eine Parallele zum Carsharing. Zu Beginn war die Leihe nur durch kleinere, lokale Vereine und mit händischer Übergabe des Schlüssels möglich. Inzwischen findet eine starke Entwicklung zu einer automatisierten Dienstleistung statt. Anbieter wie Sigo oder aber auch nextbike, die in einigen Städten Stationen haben, sind hier beispielsweise zu nennen. Zielgruppen & Use Cases: Angesprochen werden mit den Diensten derzeit insbesondere Menschen in urbanen Räumen. Die Lastenräder nehmen weniger Platz als ein Pkw ein und können flexibel genutzt oder abgestellt werden. Auf den Stauraum eines Kofferraums für Materialtransport oder Großeinkauf müssen die Nutzenden aber nicht verzichten. Auch für Familien mit Kindern ist die Mobilität durch ein Lastenrad deutlich vereinfacht, da für die Kleinen im Lastenrad genügend Sitzplatz zu finden ist. Problematisch sind in großen Städten die oftmals zu engen Radwege. Wichtig sind auch gute Abstellmöglichkeiten, damit der Fußweg nicht durch abgestellte Räder blockiert wird. Aber auch im ländlichen Raum kann ein Lastenrad Anwendung finden, da es auch dort genügend Strecken gibt, die sich gut mit einem (Lasten-)Rad zurücklegen lassen. Zwei Drittel der Fahrten, die mit dem Auto zurückgelegt werden, sind nämlich kürzer als 10 km. Das Lastenrad könnte für gezielte Fahrten eingesetzt werden. Dabei ist eine gut ausgebaute Radweginfrastruktur entscheidend. Die Markgemeinde Cadolzburg in Mittelfranken, mit der wir bereits im Rahmen eines Projektes zum automatisierten Fahren zusammengearbeitet haben, erprobt derzeit bereits ein Lastenradsharing im eigenen Ort. Wir sind auf die Erfahrungen dort sehr gespannt. Unsere Meinung Mit dem Lastenradsharing bekommen die Nutzenden ein hohes Maß an Flexibilität und die Möglichkeit zum Transport von Gegenständen für einen Preis, der deutlich unter dem eines geteilten Autos liegt. Lastenräder sind ein ideales Sharingprodukt, da diese nicht täglich genutzt werden müssen. Zudem ist das einfache Abstellen ohne Parkplatzsuche und die lokale Rückgabe ein großer Vorteil. Gerade in Städten muss ein Fahrrad doch des Öfteren durch ein enges Treppenhaus oder in den Keller getragen werden Leider ist das Lastenradsharing derzeit noch nicht flächendeckend verfügbar. Auch nicht in Großstädten, sodass viele Menschen noch nicht die Möglichkeit erhalten, die Räder auszuprobieren. Als positives Beispiel ist hier das Angebot Hannah! In Hannover hervorzuheben. Unsere Mobilitätsexpertin Josephine Steiner ist begeisterte Lastenrad-Nutzerin. Um euch an Ihren Erfahrungen teilhaben zu lassen, haben wir ihr ein paar Fragen gestellt… Liebe Josephine, warum spricht dich das Lastenradsharing genau an und wie oft nutzt du diese Dienste? Wir besitzen zwei Lastenräder. Aber wir haben auch die idealen Voraussetzungen dafür. Wir wohnen im Erdgeschoss und können unsere Räder nachts geschützt bei uns in der Wohnung abstellen. Seit wir die Räder haben, fahren wir häufig längere Touren. Freitags fahren wir in den Sommermonaten ins Berliner Umland, verbringen viel Zeit am See und draußen. Sonntags geht es zurück. Das wäre so ein typischer Fall, in dem sich andere Familien ein Auto anschaffen. Aber das wollten wir nicht. Ein geteiltes Rad ist vor allem dann super, wenn ich das Lastenrad nicht für meine alltäglichen Fahrten brauche. Sei es der Wocheneinkauf oder der Ausflug mit den Kids am Wochenende… und damit ist es eben ähnlich zum Carsharing, nur viel klima- und städtefreundlicher. Du hast dich in den letzten Wochen mit dem neuen Anbieter Avocargo beschäftigt. Was ist deine Erfahrung mit dem Dienst und der Bedienung der App? Avocargo finde ich super, weil das System freefloating ist. Ich brauch das Rad nicht „zurückbringen“. Auch die Größe der Transportbox ist super! Für kleinere Kinder finde ich die aktuellen Räder allerdings nicht gut gepolstert. Das erste Rad, das mir auf der App angezeigt wurde, habe ich nicht gefunden. Vielleicht stand es im Hinterhof eines Altbauhauses. Das zweite Rad fand ich dann aber auf Anhieb. Schön ordentlich an der Laterne um die Ecke des Bio-Marktes geparkt. Die App fand ich okay. Das Schloss sprang mit einem lauten Geräusch auf. Da habe ich mich etwas erschrocken und geschaut, wie man das wohl wieder anschließen wird. Es war mir jedoch schnell klar. Den Bordcomputer am Rad fand ich nicht sofort selbsterklärend. Ging aber. Und: die Feststellbremse! Da kann man ja wirklich als Unbedarfter eine ganze Weile suchen. Welche Aspekte sind für dich besonders wichtig? Und inwiefern unterscheidet sich das Fahren mit einem Lastenrad von einem normalen Fahrrad? Ich fahre seit Dezember fast nur noch mein Lastenrad. Allerdings ist das zweirädrig und damit vom Fahrgefühl her nahe an einem klassischen Fahrrad. Nur das Lenken ist halt etwas anders. Die Avocargos sind dreirädrige Lastenesel. Das coole ist, dass sie nicht umfallen. Man setzt sich also drauf und kann mit beiden Füßen auf die Pedale und steht erstmal. Ich habe allerdings den „Fehler“ gemacht und bin etwas zügiger und schräg vom Bordstein runter. Da kam das gute Teil ordentlich ins Kippen. Ich hatte Mühe und Not, dass es oder besser gesagt wir beide nicht umfielen. Daher drei Tipps. Nicht schräg irgendwo runterfahren, langsam um die Ecke fahren und wenn man um die Kurve fährt, lass die äußere Hand los. Man fällt eh nicht um. Den Wendekreis darf man eben auch nicht unterschätzen. Wenn du diese Dinge beachtest, ist das Fahren damit ein Kinderspiel. Was würdest du Menschen raten, die noch nie auf einem Lastenrad gesessen haben. Wie können Berührungsängste abgebaut und Zweifel aus dem Weg geräumt werden? Ich werde immer wieder von Freunden gefragt, die gerade ein Kind bekommen, was denn besser sei – ein Kindersitz hinten am klassischen Fahrrad, ein Kinderanhänger oder ein Lastenrad. Es gibt nicht die eine richtige Antwort. Ich antworte mit einer Gegenfrage: was brauchst du denn? Wann willst du denn wie unterwegs sein? der kurze Weg zur Kita und dann gleich weiter zur Arbeit… wie gestaltest du sonst deine Mobilität? Und häufig landen wir dann bei dem Punkt: komm vorbei und probiere es aus. Schau womit du dich wohl fühlst. Und genau für so was sind ja auch Angebote wie beispielsweise fLotte in Berlin da. Und im Endeffekt ist es wie mit allem – die erste Erfahrung entscheidet. Daher würde ich allen Skeptikern raten ein Lastenrad Probe zu fahren. Leer, aber auch mit verschiedenen Beladungszuständen. Man ist erstaunt, was man so alles in so eine Transportbox reinbekommt. Es gibt ja schon auf der Velo einiges an Lastenrädern zu sehen und auch ein 24 Stunden Rennen für Lastenräder. Alles coole Events. Ein „Lastenrad-Eventtag“ im Kiez wäre eine schöne Sache. Du bist ja selbst Besitzerin eines Lastenrades, nutzt aber auch die Sharing Angebote. Was spricht dich denn mehr an: ein privates Lastenrad oder ein geliehenes oder geteiltes Lastenrad? Ein Lastenrad ist teuer und man braucht es nicht immer. Daher ist es ein gutes Sharing-Produkt. Für den Kindergeburtstag oder das Picknick im Park, ist es super. Auch aus dem Baumarkt haben wir schon einiges transportiert. Tatsächlich sind wir ein Haushalt mit zwei Lastenrädern. Das erste Fahrrad unseres Sohnes haben wir ebenfalls mit dem Lastenrad nach Hause transportiert. Kinderstühle, Ikea-Regale, Workshop-Materialien, Einkäufe und vor allem Kinder und der Hund fahren gern mit. Avocargo habe ich daher erst einmal benutzt. Ich wollte gern wissen, ob es klappt und wie sich ein Lastenrad mit drei Rädern fährt. Das ist übrigens eine spannende Erfahrung. Möchtest du uns und unseren Leserinnen und Lesern sonst noch etwas mit auf den Weg geben? Viele Sharing-Angebote orientieren sich häufig an den Bedürfnissen von Männern. Also, für mittleres Alter, one-way, wenig bis gar kein Gepäck. Andere Zielgruppen werden selten adressiert. Frauen kombinieren häufiger Wege. Keine Frau schleppt den ganzen Tag den Kindersitz für das Auto mit herum, nur um das Kind später von der Kita zum Turnverein zu fahren. Das Lastenfahrrad könnte gezielt Frauen und Familien ansprechen. Es ist die ideale Lösung für Wegeketten, für kurze Wege, Wege mit und ohne Gepäck oder die Mitnahme von Kindern.
- Sudoku der Mobilität
LÖSUNG Hier ist des Rätsels Lösung. Zur Erinnerung: Bei einem Sudoku sind alle Zahlen oder Symbole gleichberechtigt. Jedes Symbol findet in jeder Spalte und Zeile einmal seinen Platz in einem Kästchen. Alle Kästchen sind gleich groß. Doch in der Mobilitätswelt beanspruchen Verkehrsmittel unterschiedlich viel Raum! Wir bei Nuts One treten für mehr Flächengerechtigkeit in der Mobilität ein. Unsere Motivation: Eine Bessere Mobilität für alle!! Und ein kleiner Lesehinweis: Wer mehr zum Thema Flächeninanspruchnahme einzelner Verkehrsmittel erfahren möchte, dem sei der ausführliche Artikel „Vergleich unterschiedlicher Flächeninanspruchnahmen nach Verkehrsarten (pro Person)“ von Martin Randelhoff empfohlen.
- Flexible Ticketoptionen und wo sie zu finden sind
Im Zuge des Krieges in der Ukraine und dessen Auswirkungen auf den Kraftstoffpreis hat die Ampelregierung mit einem Vorstoß für ein 9 Euro-ÖPNV-Ticket für Aufsehen gesorgt. Das wäre eine sehr weitgreifende und für den deutschen ÖPNV fast schon revolutionäre Maßnahme, um mehr Menschen in die öffentlichen Verkehrsmittel zu bringen. Da uns das Thema schon länger umtreibt, haben wir von Nuts One bereits in den letzten Wochen an einem Text über neue Ticketoptionen im ÖPNV gearbeitet. Dieser erlangt aufgrund der Ankündigung des 9-Euro-Tickets eine neue Bedeutung. Da aktuell allerdings noch nicht entschieden ist, ob und wie das 9-Euro-Ticket umgesetzt wird, folgt nun ein Überblick über alternative neue flexiblere Ticketoptionen im Nahverkehr: In Deutschland gibt es mehr als 120 Verkehrsverbünde und damit einhergehend eine noch eine viel größere Anzahl an Tarifmöglichkeiten. Viele Tarife (z.B. Monats- oder Jahreskarten) sind dabei sehr starr und geben wenig Spielraum zur individuellen Gestaltung der Fahrkonditionen. Dem gegenüber steht eine zunehmend flexiblere (Arbeits-)Welt mit einer großen Zahl von individuellen Gestaltungsmöglichkeiten. Starre Ticketoptionen sind dafür nicht immer passend und sollten ergänzt werden. Mehr Flexibilität in Verbindung mit einer „Best Price“-Garantie im ÖPNV-Tarifdschungel würde die Nutzung für viele Fahrgäste vereinfachen und die Eintrittsbarriere für neue Kund:innen senken. Individuellere Tarif- und Ticketingsysteme könnten daher die Zufriedenheit der Nutzenden des ÖPNV erhöhen. Wir haben uns einige flexible Ticketoptionen in Deutschland sowie im europäischen Ausland genauer angesehen und diese aus Kund:innensicht miteinander verglichen und eingeschätzt. Die verschiedenen Ticketing-Systeme stellt uns Hanna vor, eine fiktive Person, wohnhaft in Berlin. Hanna ist seit wenigen Jahren berufstätig und hat schon immer aus verschiedenen Gründen auf das eigene Auto verzichtet. Seit der Pandemie ist Hanna das Jahresticket ein Dorn im Auge, da sie den ÖPNV nicht mehr mit der gleichen Regelmäßigkeit nutzt. Sie hat stärkere Büro- und Homeoffice-Phasen und im Sommer fährt sie darüber hinaus auch sehr gerne und viel Fahrrad. Bereits seit Jahren wünscht sich Hanna mehr Flexibilität in den Ticketoptionen des Nahverkehrs. Flexticket (Berliner Verkehrsbetriebe, BVG): Hanna war ganz begeistert als sie auf Twitter vom Flexticket der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) las und sah darin eine Alternative für ihr Monatsticket. Das Ticket kostet 44€ (Tarifbereich AB), wofür die Kund:innen acht 24h Tickets erhalten, die in 30 Tagen eingelöst werden können. Beworben wird das Ticket mit einer Ersparnis von 26,40€ gegenüber dem Kauf von acht einzelnen Tagestickets und der guten Vereinbarkeit von Berufstätigen im Homeoffice. Das Flexticket wurde für Personen, welche sehr bedarfsorientiert und situationsabhängig den ÖPNV nutzen, geschaffen. Die Beschränkung der Gültigkeit auf 30 Tage grenzt diese Möglichkeiten der bedarfsorientierten Nutzung aber ein. Hanna hat das Flexticket ausprobiert und kommt zu dem Schluss: Ökonomisch sinnvoll ist das Ganze für sie nur, wenn sie an den acht Tagen im Monat jeweils mehr als drei Fahrten unternimmt. Mit dem Blick auf das Homeoffice, womit die BVG das Ticket bewirbt, ist Hanna quasi „gezwungen“ freizeitliche Wege oder Besorgungen nur an den Bürotagen zu machen. Hanna findet das eigentlich eher unflexibel, weil sie ihr Privatleben dadurch noch viel stärker um diese acht Tage herum bauen muss, oder sich für Freizeitaktivitäten an anderen Tagen extra Einzelfahrscheine kaufen muss. Individuelle Tarifzone (Karlsruher Verkehrsbetriebe, KVV Homezone): Der Karlsruher Verkehrsverbund bietet die Festlegung eines individuellen, kreisrunden Tarifbereichs mit 28 Tagen Gültigkeit an. Der Preis berechnet sich auf Basis eines Grundpreises je nach Radius und ÖPNV-Angebot im gewählten Gebiet. Die Flexibilität scheint relativ hoch zu sein, da sich der Radius beliebig verorten und in einen Rhythmus von 28 Tagen anpassen lässt. Dadurch kann der Radius beispielsweise so gelegt werden, dass Wohnort, Arbeitsort und auch wichtige Freizeitlokalitäten innerhalb der eigenen Homezone liegen. Verlässt man diesen Radius, muss ein normales Ticket gelöst werden. Eine kostengünstige tagesweise Erweiterung des individuellen Radius könnte hier für mehr Flexibilität sorgen. Wünschenswert wäre die Verlängerung der Gültigkeit auf 30 oder 31 Tage, was einem regulären Monatszyklus entspricht. Hannas Freundin hat das Ticket ausprobiert und einen Radius von 2,2 km in der Karlsruher Innenstadt ausgewählt. Das ist der Mindestradius, den sie benötigt um dreimal pro Woche ins Büro und zu ihren Freund:innen zu fahren. Der ausgewählte Tarif kostet für 28 Tage 60,80 €. Alternativ könnte sie ein Jahresticket für 59 € pro Monat buchen. Der flexible Tarif wäre also umgerechnet etwas teurer, dafür muss sie kein Jahresabo abschließen, und kann den Radius alle 28 Tage verändern. Da sie ohnehin vorhat, wie Hanna in Berlin, in den Sommermonaten Fahrrad zu fahren, lohnt sich für sie der Flextarif in den Wintermonaten. Zahl, was du fährst (Rhein-Main-Verbund, RMV Smart, BVG, eezy.nrw): Eine weitere Möglichkeit ist es, den Ticketpreis nach der tatsächlich gefahrenen Strecke zu berechnen. Das grundlegende Ziel ist es, die Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs bequemer zu machen und die Suche nach dem passenden Fahrschein zu erleichtern. Auch hierfür gibt es Beispiele aus der Praxis, die allerdings in der Theorie auf den ersten Blick etwas komplex erscheinen: Der Rhein-Main-Verkehrsverbund bietet den Tarif RMVSmart (Modellprojekt mit 30.000 Teilnehmenden) nach dem Baukastenprinzip an. Dieser setzt sich aus einem einheitlichen Grundpreis pro Fahrt zusammen. Hinzu kommen je nach genutztem Verkehrsmittel entweder ein Entfernungspreis für die zurückgelegte Strecke hinzu (Regionalzug, S-Bahn, U-Bahn) oder ein Pauschalpreis für Bus- oder Tramfahrten (je nach Größe der durchgefahrenen Kommune). Darüber hinaus gibt es noch zwei Rabattmodelle. RMVSmart-flex wirbt mit Rabattstufen ab einem bestimmten Umsatz pro Kalendermonat. Bei einer monatlichen Zahlung von 10€ gibt es bei RMVSmart-50 50% Rabatt auf alle Fahrpreise. Da es sich noch um ein Modellprojekt handelt, muss sich zeigen, ob der flexible Tarif irgendwann für alle Kund:innen des RMV zugänglich sein wird. Die Flexibilität scheint jedoch hoch zu sein, da nur die tatsächlich gefahrene Strecke bezahlt wird. Dabei gibt es keine Radien oder Abonnement-Verpflichtungen und Rabatte bei häufigerer Nutzung des Tarifs. Leider ist der Tarif nur digital nutzbar. Das könnte in Verbindung mit der auf den ersten Blick komplexen Struktur zu Nutzungsbarrieren führen. Auch die BVG in Berlin hat angekündigt, ein Check-In/Check-Out Modell mit freiwilligen Proband:innen zu testen, um herauszufinden, wie eine solche App angenommen wird. Dabei wird auch untersucht, ob der Ticketkauf eine „Zugangsbarriere“ für den öffentlichen Nahverkehr darstellen kann. Hanna muss sich viele Gedanken machen, was sie eigentlich benötigt. Sie weiß von vornherein vielleicht gar nicht, ob eines der Rabattmodelle mit ihrem Mobilitätsverhalten kompatibel sein wird. Sie muss Zeit investieren, um die möglichst beste Auswahl für sie zu treffen. Dieser Prozess könnte auch Kund:innen abschrecken. Hanna kann sich aber vorstellen, sich bei der BVG als freiwillige Testerin zu melden, sofern die nächsten Optionen Sie nicht überzeugen. eezy.nrw: Eezy.nrw kann in allen 5 Tarifgebieten NRWs mittels einer App genutzt werden. Auf Basis der Luftlinie zwischen Start und Ziel wird der Preis berechnet. Auf einen Grundpreis kommt ein Preis pro Luftkilometer hinzu (je nach Tarifgebiet variierende Grundpreise und Preise für Luftkilometer). Auch kleinere Umwege sind erlaubt und ergeben keinen Aufpreis. Am Ende zählt nur die Luftlinie von Start und letztendlichem Ziel. Dabei muss über die gesamte Fahrt die App im Hintergrund laufen und Ortungsdienste sowie mobile Daten müssen verfügbar sein. Das spricht wie die meisten anderen hier vorgestellten Tarife nicht alle Nutzer:innengruppen an und kann zu Nutzungsbarrieren führen. Hanna musste während ihres Praktikums in NRW mehrmals pro Monat von Köln nach Dortmund pendeln und machte auf dem Rückweg öfter einen kleinen Umweg über Solingen, um ihre Familie zu besuchen. Das Luftlinienticket lohnt sich allerdings nur wenn sie nicht am selben Tag aus Dortmund zurückreist, da sie ansonsten günstigere Tagestickets nutzen kann. Im Großen und Ganzen ist eezy.nrw für Hanna nur günstiger, wenn sie kein Abo eingehen will und das flexible Ticket nur selten genutzt wird. ÖPNV neu gedacht – sehr günstig oder kostenlos? International – Tallinn: Kostenloser ÖPNV: In Tallin wird der ÖPNV bereits seit 2013 aus sozialen Gründen kostenlos angeboten. Bereits vor 2013 wurde der ÖPNV bis zu 70 Prozent subventioniert, da sich viele Menschen den ÖPNV nicht leisten konnten. Die Fahrgastzahlen sind dadurch um etwa 14 % gestiegen. Autofahrer:innen steigen dagegen leider kaum um. Die ausbleibenden Ticketeinnahmen werden durch höhere Parkgebühren und die Einkommensteuer ausgeglichen. Da man für die ÖPNV-Nutzung in Tallin gemeldet sein muss, sind nun mehr Bürger:innen in Tallin registriert, sodass die Mehreinnahmen durch die Einkommensteuer sogar höher als die Kosten für den ÖPNV sind. Auch in Deutschland gab es bereits Versuche mit kostenlosem ÖPNV. Beispielsweise wurde in Templin der Nahverkehr 1998 kostenlos, wodurch die Fahrgastzahlen sprunghaft gestiegen sind. Da der Betrieb jedoch dauerhaft nicht finanzierbar war, wurde der kostenlose ÖPNV 2003 wieder abgeschafft. Eine Jahreskarte gibt es jetzt für nur 44 Euro. In Pfaffenhofen an der Ilm haben sich durch das kostenlose ÖPNV-Angebot zwar die Fahrgastzahlen erhöht, dennoch dominiert der Pkw das Stadtbild. Der kostenlose ÖPNV ist nur ein Baustein der Mobilitätswende in der Stadt. Es wären weitere Maßnahmen wie beispielsweise höhere Parkgebühren oder die Umnutzung von Straßenraum erforderlich, um mit einem Mix aus Push- und Pull-Maßnahmen den Modal Split spürbar zur verändern. In Pfaffenhofen gibt es zudem auch Schwierigkeiten mit der Finanzierung des ÖPNV-Angebots. Ein weiterer Versuch startet im März und April 2022 in Heidelberg, wo an vier Samstagen der ÖPNV kostenlos sein soll. Hanna findet ein kostenloses ÖPNV-Angebot gut und würde gerne nach Tallinn ziehen. Dann müsste sie sich keine Gedanken mehr um ein Ticket machen. Aber ihren Job und ihre Freunde möchte sie für einen kostenlosen ÖPNV nicht aufgeben. 365€ Ticket Wien Wien führte im Jahr 2012 die Jahreskarte für 365€ ein. Dieses Ticket ist in der sogenannten Kernzone Wien nutzbar. Die Jahreskarte für Senior:innen (ab 65 Jahren) ist mit 235€ noch einmal um mehr als 100€ günstiger. Für einige Wiener:innen kann ein derart günstiges Jahresabo auch große Flexibilität bedeuten. Das Jahresticket wurde damit als „Wiener Modell“ bekannt und wird nach wie vor als solches diskutiert, wenn es darum geht ähnliche Ticketoptionen in anderen Nahverkehrsbünden einzuführen. Seit Einführung des Tickets hat sich die Zahl der Jahreskarteninhaber:innen in Wien verdoppelt. Im Jahr 2019 wurden 852.000 Jahreskarten verkauft, was bei ca. 1,9 Mio Einwohner:innen ca. 42% ergibt. Auch Hanna hatte sich während ihres Auslandsjahrs in Wien eine Jahreskarte gekauft. Sie war begeistert, dass das Ticket im Gegensatz zu Deutschland so günstig und unkompliziert war. Sie war sehr mobil, absolut flexibel und musste sich, solange sie sich innerhalb Wiens Stadtgrenzen bewegte, nie Gedanken über Tickets oder Tarifzonen machen, sondern konnte sich einfach mit Bus, U-Bahn und der Bim fortbewegen. Überregionales Klimaticket Österreich (KlimaTicket Ö) Das KlimaTicket Ö wurde 2021 für 1.095€ jährlich eingeführt. Damit dürfen alle öffentlichen und privaten Schienenverkehre, Stadtverkehre und Verkehrsverbünde Österreichs genutzt werden. Dies ist insbesondere für Pendler:innen über größere Strecken oder Geschäftsreisende sehr attraktiv. Nur zum Vergleich, die Bahncard 100 der Deutschen Bahn kostet mehr als 4000€ und selbst das Umweltticket der BVG in Berlin kostet für die kleinsten Tarifzonen bereits 728€. Die beiden vorgestellten Ticketoptionen aus Österreich werden für sehr günstig erachtet und werden als große Chance gesehen, damit Menschen ihr Mobilitätsverhalten überdenken. Die beiden Ticketsysteme bzw. deren Konditionen sind aber nicht ohne weiteres auf Deutschland übertragbar. Fazit Es ist positiv zu beobachten, dass einige ÖPNV-Anbieter sich aus ihrer starren Struktur lösen und mittlerweile flexible Ticketingsysteme anbieten. Gerade eezy.nrw und das RMV-Smart-Modell sind besonders spannend, weil sich die Fahrpreise nach tatsächlich zurückgelegten Kilometern berechnen und keine großen Tarifgebiete miteingepreist sind, die für die Fahrgäste gar nicht notwendig sind. Denn aktuell benachteiligen gerade Verkehrsverbünde mit Wabenstrukturen die Nutzer:innen, welche über Wabengrenzen fahren müssen, auch wenn der eigentliche Weg nur kurz ist. Die digitalen Eintrittsbarrieren, die viele flexiblen Tickets fordern sind unbedingt zu beachten, da vor allem ältere Kund:innen des ÖPNV oftmals weniger digital affin sind. Dennoch ist es sehr wahrscheinlich, dass auch dieser Kund:innenstamm von flexiblen Ticketoptionen profitieren kann und möchte. Die hier gezeigten Ticketoptionen (mit der Ausnahme von Tallin und dem KlimaTicket Ö) gelten oftmals nur in einem Verbundraum oder einem Bundesland. Auch hier zeigt sich bisher ein Flickenteppich, den Kund:innen erstmal durchschauen müssen. Dies ist ein Problem, dass nicht übersehen werden darf: Viele Nutzende sind von der Vielzahl an Ticketoptionen, Verkehrsverbünden, Anbietern und Apps überfordert oder genervt. Zudem ist zu beachten, dass die Verkehrsunternehmen und -verbünde die Ticketeinnahmen zur Deckung der eigenen Kosten benötigen. Daher sind für die Umsetzung der vorgestellten Ticketalternativen andere Finanzierungswege für den ÖPNV notwendig. Hannas Favorit war übrigens das Wiener 365€-Jahresticket, was allerdings in Deutschland in der Preiskategorie noch in keinem Verbundraum käuflich zu erwerben ist. Sehr flexibel hat Hanna darüber hinaus das eezy.nrw Ticket erlebt, da sie die Berechnung der Luftlinie, insbesondere im sehr dicht besiedelten NRW mit 5 Tarifzonen, als sehr fair empfindet. Finanziell sinnvoll ist eezy.nrw, wie die meisten der flexiblen Tickets allerdings nur, wenn Kund:innen sich aktiv damit auseinandersetzen und sich selbst ausrechnen, ob sich ein Abonnement nicht doch für sie lohnt. Aus unserer Nuts One Sicht ist die schönste und einfachste Lösung ein kostenfreier ÖPNV für alle. Auch wenn uns bewusst ist, dass dies nicht einfach finanzierbar wäre und eine Vielzahl von Hürden zu meistern wären. Unsere „zweitbeste“ Option wäre eine deutschlandweite best-price Garantie für jegliche ÖPNV-Nutzungsgewohnheiten der Menschen. Am besten digital über nur eine App aber auch digital nicht-affine Menschen mitgedacht. Die best-price Garantie soll für tägliche Pendler:innen sowie für Gelegenheitsfahrer:innen immer und zuverlässig den richtigen Preis ermitteln.
- Automatisiertes-Shuttle ABC
In unserem Shuttle-ABC möchten wir einen Einblick in den Themenbereich automatisiertes Fahren, unsere Tätigkeiten und Hintergründe geben.
- Kreatives Wasserstoff-ACG
Auf LinkedIn und Twitter haben wir euch mit unserem Wasserstoff-ABC viele Wochen lang mit in die umfassenden Themenbereiche der Wasserstoff-Welt genommen. Hier könnt ihr nochmal alle Buchstaben einsehen, die Kurzinformationen über Erzeugung, Infrastruktur, Abnahme bis hin zur Akzeptanz geben.
- Umfrage gestartet!
Sie nutzen ein Lastenrad? Oder nutzen Sie einen Fahrradanhänger? Oder beides? Dann würden wir gerne mehr von Ihnen erfahren. Wir führen im Auftrag der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) eine Umfrage zu Lastenrädern und Fahrradanhängern durch. Wir fragen Nutzer*innen dabei u.a. zu ihr en Nutzungsgewohnheiten, ihrer Motivation zur Nutzung, aber natürlich auch zu ihren Erfahrungen und Wünschen. Nehmen Sie an der Befragung teil und helfen Sie dabei, dass der Radverkehr mehr in den Blick genommen wird! Hier geht es zur Befragung: www.infas-online.de/Lastenrad Dort finden Sie auch mehr Informationen über das Projekt und zum Umgang mit ihren Daten. Die Befragung wird durchgeführt von unserem Projektpartner infas Institut für angewandte Sozialwissenschaft GmbH. Die Gesellschaft ist verantwortlich für die Inhalte der Befragung. Bei Rückfragen kontaktieren Sie bitte lastenrad@infas.de
- Mobilitätswende im Gepäck
please find below a short summary in english Eine Befragung der Avocargo-Nutzenden In den großen Städten Deutschlands gehören eine Vielzahl verschiedener Mobilitätsangebote mittlerweile zum alltäglichen Stadtbild. Vor allem das Prinzip geteilter Verkehrsmittel im Sinne der Sharing-Economy erhielt in den letzten Jahren verstärkt Aufschwung. Polarisierend haben sich hier vor allem die E-Tretroller hervorgetan. Auch das Lastenrad ist mittlerweile, wenn auch noch vereinzelt, Teil der Sharing-Mobilität geworden, erhielt bisher jedoch wenig mediale Aufmerksamkeit. Um ein tiefergehendes Verständnis über das Lastenradsharing, die Nutzer:innen sowie deren Nutzungsverhalten zu erlangen, wurde daher vom 17.11. bis zum 30.11.2021 eine Online-Umfrage mit dem Sharing-Anbieter Avocargo durchgeführt. Im Rahmen dessen wurden von insgesamt 130 Personen Angaben zur Soziodemographie, dem Nutzungsverhalten sowie den Erfahrungswerten gesammelt. Da 7 Personen zwar bei Avocargo registriert waren, bis zum Zeitpunkt der Befragung den Dienst aber noch nicht genutzt hatten, wurden diese Personen aufgrund fehlender Praxiserfahrungen bei der Auswertung bezüglich der Avocargo-Nutzung nicht mitberücksichtigt. Die hier dargelegte Stichprobe ist weder für Deutschland noch für Berlin repräsentativ. Sie stellt einen Auszug der Lastenrad-Sharing Nutzenden dar. Die Stichprobe ist durch urbane Familien geprägt Die 130 Avocargo-Nutzenden zeichnen das Bild von überwiegend vollzeitbeschäftigen Personen mit einem hohen Bildungsniveau und einem hohen Haushaltsnettoeinkommen. Die Haushaltsgröße der Befragten liegt im Durchschnitt bei 3 Personen. Mit 72% gaben mehr als zwei Drittel der Befragten an, dass sie mit Personen zusammenwohnen, die maximal 18 Jahre alt sind. Es sind demnach scheinbar viele Familien unter den Teilnehmenden. Die Umfrage wurde mehrheitlich von männlichen Personen (70%) ausgefüllt. Das Alter der Befragten betrug durchschnittlich 39 Jahre. Bei der politischen Orientierung zeigt sich eine klare Tendenz zur Partei Bündnis 90/Die Grünen. Fahrradaffine und multimodale Nutzer:innen Bei der Verkehrsmittelverfügbarkeit im Haushalt zeigen die Nutzer:innen von Avocargo eine klare Affinität zum Fahrrad. Bis auf eine befragte Person, besitzen alle mindestens ein Fahrrad im Haushalt, wobei für mehr als ein Drittel von ihnen das Fahrrad das einzige verfügbare Verkehrsmittel darstellt. Weder Pkw noch ÖPNV-Ticket wurden als alleinige, verfügbare Mobilitätsoption angegeben. Das Mobilitätsverhalten der Befragten ist also überwiegend multimodal geprägt. Dazu passt die Tatsache, dass geteilte Verkehrsmittel für viele bereits fester Bestandteil der städtischen Mobilität ist. So haben mehr als zwei Drittel schon einmal Car- und Bikesharing und circa ein Drittel geteilte E-Roller sowie E-Tretroller genutzt (siehe Abb.2). Die Nutzung von Sharing-Angebotebeschränkt sich zumeist auf wenige Tage im Monat. Sie decken vor allem spezifische Mobilitätsbedürfnisse ab. Nur bei wenigen Befragten sind die geteilten Verkehrsmittel in die alltägliche Mobilität integriert (mind. einmal pro Woche), wobei die E-Tretroller hier am häufigsten im Alltag genutzt werden. Das Nutzungsverhalten bei Avocargo ähnelt dem anderer Sharing-Angebote (siehe Abb.3). Bei allen wird der Dienst bedarfsorientiert in Anspruch genommen. Zusätzlich zum Angebot von Avocargo werden von einem Fünftel noch weitere Lastenradsharing-Anbieter genutzt, wobei der Anbieter fLotte am häufigsten angegeben wurde (siehe Abb.4). Bei der Umfrage wurden saisonale Schwankungen und wetterbedingte Einflüsse nicht erfasst und konnten somit nicht berücksichtigt werden. Da der Markteintritt im März 2021 stattfand, ist der Dienst noch sehr jung. Eine Überprüfung der Nutzungsintensivität im Zeitverlauf sowie weiterer Faktoren (z.B. Zufriedenheit mit dem Angebot, Angebotstestung oder tatsächliche Nutzungsroutine, Veränderung der Nutzungszwecke) sollte nach längerem Bestehen durchgeführt werden. Sharing-Konzept schafft erste Berührungspunkte für das Lastenrad Da private Lastenräder nur von wenigen Personen im Alltag genutzt werden, erscheint das Lastenradsharing für viele Interessierte eine Möglichkeit der Heranführung an ebendiese zu sein. 58% der Befragten gaben an, ihre ersten Erfahrungen mit Lastenrädern überhaupt durch Avocargo gemacht zu haben. Damit sich diese Offenheit für das Verkehrsmittel in einer häufigen Nutzung verstetigt, ist eine positive Erfahrung bei der ersten Fahrt von besonderer Bedeutung. Dies war bei den Befragten der Umfrage deutlich der Fall. Fast alle Befragten gaben an, mindestens eine eher positive Erfahrung mit dem Lastenrad von Avocargo bei der ersten Fahrt gemacht zu haben. 12% gaben eine negative Ersterfahrung an. Hierbei wurden vor allem organisatorische Faktoren (z.B. Fahrrad ließ sich nicht öffnen, keine passende Zahlungsmethode, Geschäftsgebiet zu klein) genannt. In den Empfindungen der Ersterfahrungen zeigen sich neben der Freude über ein Lastenrad auch Herausforderungen, welche im ersten Schritt bewältigt werden müssen, um die Fahrt als positiv wahrzunehmen. Vor allem für „Neueinsteiger“ bedarf es einer konkreten Heranführung an das Verkehrsmittel sowie die Rahmenbedingungen des Sharing-Prinzips (z.B. Anmeldungsprozess, Fahrzeugsuche). Mithilfe von nutzerfreundlichen FAQs, Events mit Probefahrten oder erfahrenen „Lastenrad-Paten“ kann diese Heranführung geschaffen werden. Beförderung von Kindern und Gütertransport als Hauptnutzungszweck Die Nutzungszwecke sind in erster Linie dem privaten Bereich zuzuordnen und selten beruflich bzw. gewerblicher Natur. Ein vergleichender Blick mit den Zahlen des Fahrradmonitors 2021[2] zeigt zwischen den privaten Lastenradfahrenden und den Sharing-Nutzer:innen bei Avocargo ein ähnliches Bild (siehe Abb.6). Bei den befragten Lastenrad-Sharing-Nutzer:innen wurden die drei Nutzungszwecke Beförderung von Kindern (55%), der Transport von sperrigen Gegenständen (52%) sowie zum Einkaufen (52%) fast gleich häufig genannt. In den offenen Nennungen wird deutlich, dass der Transport von sperrigen Dingen viele Nutzungszwecke umfasst (z.B. Einkäufe im Baumarkt oder bei eBay Kleinanzeigen, Vereinsmaterial transportieren). Beim Fahrradmonitor sind die drei Hauptnutzungsmotive die Fahrt zum Einkaufen, der Transport von sperrigen Gegenständen und die Beförderung von (Haus-)Tieren. Die Beförderung von Kindern steht dort erst an vierter Stelle. Den deutlichen Unterschied von 34% bei der Beförderung von Kindern könnte unter Umständen durch die Stichprobencharakteristik der Avocargo-Umfrage zu erklären sein. Wie oben bereits erwähnt, scheinen so vor allem Familien in der Befragungsstichprobe und eventuell auch in der Gesamtkundengruppe von Avocargo zu sein. Sollte dies zutreffen, so ginge es perspektivisch um die Erschließung weiterer Zielgruppen, um die Auslastung der Fahrzeuge zu erhöhen. Da etwa 46% das Lastenrad nur mindestens einmal im Monat nutzen liegt es nahe, dass Kinder nur in besonderen Situationen (z.B. längere Strecken, als gefährlich empfundene Fahrradstrecken) im Lastenrad befördert werden. Lastenradsharing als umweltfreundlicher städtischer Pkw-Ersatz oder erweiterndes Mobilitätsprinzip Das Lastenradsharing produziert bei der Nutzung nur selten neue Wege, sondern bietet sich zumeist als echte Alternative zu konventionellen Verkehrsmitteln an, da es weniger als Spaßgefährt genutzt wird, sondern zumeist der Erfüllung eindeutiger Zwecke dient. Bei der Frage, welches Verkehrsmittel genutzt worden wäre, hätte der Avocargo-Dienst nicht zur Verfügung gestanden, gab der Hauptteil mit 40% den Pkw an. Zu ca. 20% wäre der ÖPNV oder das Fahrrad genutzt worden und 14% wären sonst zu Fuß unterwegs gewesen. Nur wenige gaben unter der Kategorie „Sonstiges“ an, dadurch zusätzliche individuelle Wege unternommen zu haben. Demzufolge lassen sich insbesondere im Hinblick auf die Reduktion von Pkw-Fahrten eindeutige CO2-Einsparpotenziale erkennen. Die Motivationen, das Lastenradsharing zu nutzen, sind vielfältig, verweisen jedoch auf klare Vorteile der Lastenräder gegenüber anderen Verkehrsmitteln. Der Pkw wird von vielen Menschen als einziges individuell nutzbares Verkehrsmittel mit genügend Platz zum Transport verschiedener Dinge wahrgenommen. Jedoch wird in dieser Befragung deutlich, dass das Lastenrad ein praktischer Ersatz ist. In den offenen Nennungen wird unter anderem betont, dass man schneller in der Stadt unterwegs sei und Verkehrsstaus keine Rolle mehr spielen. Außerdem mache die Nutzung Spaß und man bewege sich an der frischen Luft. Entfallender Parksuchverkehr, der damit verbundene Stress, Lärmminderungen und auch CO2-Einsparungen führen dazu, dass das Lastenrad als umweltfreundlich angesehen wird. Mit Blick auf den weiterhin hohen CO2-Ausstoß des Verkehrssektors kann durch das Lastenradsharing ein wichtiger Beitrag zur Mobilitätswende geschaffen werden. Dass Lastenräder Pkw-Fahrten zum Teil ersetzen, ist auch durch andere Veröffentlichungen bekannt. Doch kann ein Lastenrad wirklich einen Pkw dauerhaft und vollumfänglich im städtischen Raum substituieren? Dieser Frage wurde in einem ersten Schritt mit dieser Umfrage nachgegangen. Es stimmten 70% der Befragten mindestens eher zu, dass das Lastenradsharing einen privaten Pkw ersetzen kann (siehe Abb. 9). Bei Personen, welche einen Pkw im Haushalt besitzen, ändert sich die Zustimmung zur Aussage nur geringfügig. Insgesamt 81% der befragten Personen können sich vorstellen, zugunsten der vielfältigen Mobilitätsmöglichkeiten ein Auto abzuschaffen (siehe Abb. 10). Personen mit Pkw im Haushalt stehen dieser Aussagen kritischer gegenüber, wobei 66% der Aussage mindestens eher zustimmen. Innerhalb dieser Mobilitätsmöglichkeiten kann das Lastenrad(-Sharing) eine relevante Stellung einnehmen. Da die Anzahl an verfügbaren Lastenrädern momentan überschaubar ist, erscheint dieser Effekt aktuell noch gering. Das Lastenrad entwickelt sich im städtischen Raum scheinbar zu einer echten Alternative zum Pkw. Es bleibt weiter zu beobachten, ob dies nur für eine kleine Zielgruppe zutrifft oder sich langfristig auch in anderen Teilsegmenten der urbanen Bevölkerung wiederfindet. Im Vergleich zur Nutzung anderer Verkehrsmittel stellt das Lastenrad eine gute Mobilitätserweiterung dar. Es können im Vergleich zum Fahrrad mehr Lasten transportiert werden. Dies gilt auch sofern man die Lastenradnutzung mit dem Zufußgehen vergleicht. Darüber hinaus erweitert das Lastenrad den Bewegungsradius im Vergleich zum Gehen. Dies ist vor allem für Personen von Relevanz, die keinen Pkw besitzen oder nutzen (möchten). Im Vergleich zum Fahrrad werden vor allem die Vorzüge der Beförderung von Kindern und Tieren und des Transportes von Einkäufen, sperrigen Gegenständen und Gepäck genannt (siehe Abb. 8). Die Lastenräder von Avocargo besitzen eine hohe Sichtbarkeit und lösen positive Gefühle aus Bereits in der Abbildung 8 werden positive Aspekte des Angebots von Avocargo betont. Einige Nutzer:innen nehmen den Preis als günstig wahr, andere wiederum betonen vor allem das free floating-Modell. Bei Avocargo sind es momentan die Lastenräder selbst, welche auffallen und die Befragten zur Anmeldung und Nutzung motivierten. So gaben 87% der Befragten an, unter anderem durch das Sehen eines Lastenrades auf der Straße oder dem Gehweg auf das Angebot von Avocargo aufmerksam geworden zu sein. Andere Gründe wurden selten genannt, wobei die mündliche Werbung durch Bekannte und Freund:innen hierbei noch am häufigsten vorkam. Die restlichen Kategorien sind zum aktuellen Zeitpunkt noch zu vernachlässigen. Um neue Zielgruppen zu erreichen, könnten zukünftig eine gezielte Ansprache und entsprechende Marketingmaßnahmen nötig werden. Von vielen Personen wird das Lastenrad als nachhaltig und modern wahrgenommen. Die Lastenräder von Avocargo lösen bei den Befragten häufig positive Gefühle aus (siehe Abb. 12). Diese drücken sich einerseits im Wunsch einer persönlichen (Mehr-)Nutzung aus und in der Anerkennung des Sharing-Konzeptes an sich. In den offenen Nennungen werden Sätze geäußert wie „Besser als Autos zu mieten“, „Cool, noch eins. ;-)“, „Wofür könnte ich das mal wieder benutzen“ und „Juhu! 🙂 Ich hatte mir schon länger gewünscht, unkompliziert auf ein Lastenrad zugreifen zu können. Jetzt bin ich also begeistert, wenn ich eins sehe!“. Auch im jeweiligen Freundeskreis kommt die Nutzung des Lastenradsharings von Avocargo gut an (siehe Abb.13). So stimmen 96% der Befragten der Aussage zu, dass Freunde es gut finden, wenn die Person ein Lastenrad nutze. Dies lässt auf eine hohe soziale Akzeptanz der Lastenradnutzung schließen. Optimierung des Angebotes in bestimmten Bereichen Das umgesetzte free-floating System von Avocargo wird als positiv wahrgenommen, wobei von den Befragten auch verbesserungswürdige Aspekte genannt werden. Die zentralen Aspekte Geschäftsgebiet, Verfügbarkeit, App, Preis und Service werden hierbei sowohl positiv wie auch negativ wahrgenommen. Das Geschäftsgebiet von Avocargo ist im Vergleich zu einigen Sharing-Anbietern, die den Berliner S-Bahn-Ring als Referenz für das Geschäftsgebiet nehmen, noch recht überschaubar. Für einige Personen ist das Geschäftsgebiet schon ausreichend groß, da Einkaufsmöglichkeiten, der Wohnort und auch die Kita innerhalb des Gebiets liegen. So können bereits einige der Hauptnutzungsgründe gut erfüllt werden. Andere Personen wohnen eventuell eher am Rand des Geschäftsgebiets oder sogar außerhalb. Dementsprechend wünschen sie sich eine Ausweitung des Gebiets, sodass sie auch ihre Bedürfnisse mit dem Angebot realisieren können. Mit der Größe des Geschäftsgebiets geht auch die Verfügbarkeit der Fahrzeuge einher. Es ist es aus Kundensicht nicht sinnvoll eine große Fläche nutzen zu können, aber nur selten ein Rad zu finden. So wurde in den offenen Nennungen geäußert, dass die „Verfügbarkeit vor der Haustür“, „die „Anzahl der verfügbaren Bikes“ oder auch die „gute Verfügbarkeit in meinem Wohngebiet“ als positiv angesehen wird. Verfügbarkeit und die lokale Präsenz wurden von zahlreichen Personen benannt. Andere Nutzer:innen machten scheinbar andere Erfahrungen und bewerten die Verfügbarkeit als negativ. Es wird angeführt, dass die Räder „zu wenig verfügbar [sind] und daher oft ein langer Weg zum Fahrrad“ nötig wird. Dies mindert aus Sicht einiger Personen die Möglichkeit einer spontanen Nutzung. Auch der Sharing-Aspekt wurde von einigen Nutzer:innen positiv erwähnt. So beschreiben einige Nutzende die Vorteile des Lastenradteilens z.B. „Muss mir kein eigenes Lastenrad zulegen, muss nicht über sichere Parkplätze nachdenken, einfach verfügbar“, „Lastenräder sind sehr teuer und ich brauch nicht jeden Tag eins.“, „Kein Besitz eines Lastenrades nötig“ oder auch „Kein sperriges Lastenrad daheim rumstehen, wo ich dann Angst haben muss, dass es geklaut wird“. Die Nutzenden sehen einen enormen Vorteil darin, keine hohen Anschaffungskosten tätigen zu müssen und auch nicht für einen Stellplatz sorgen zu müssen. Die Angst vor Diebstahl des teuren Rades können sie durch das Ausleihen ablegen. Die Nutzung erhält dadurch eine gewisse Leichtigkeit. Außerdem macht es Spaß mit anderen zusammen Fahrrad zu fahren und das Angebot ist einfach zu nutzen. Viele meinten, dass vor allem die fehlende Parkplatzsuche ein Vorteil bei der Nutzung des Lastenradsharings sei. Während einige Personen die Bedienung der App als „sehr intuitiv und einfach zu handhaben“ wahrnehmen, kritisierten andere insbesondere den Anmeldeprozess mit der App. Auch die fehlende Zahlungsmodalität „PayPal“ stieß einigen Befragten negativ auf. Es gab weiterhin Äußerungen, dass der Standort der Fahrräder in der App und in der Realität voneinander abweichen, was als negativ wahrgenommen wird, da es den Ausleihprozess erschwert. Hier können folgende Zitate aus den offenen Nennungen als Beispiel angeführt werden: „Dass Fahrräder rumstehen, die die App nicht anzeigt und die man nicht verwenden kann. Sind die defekt?“, „Manchmal ist es schwer die Räder zu finden, weil das GPS nicht sehr genau ist.“, „viele Räder sehe ich hier stehen, auf dem Radar sind sie nicht zu sehen“ oder „Gelegentlich stellen Benutzer das Rad in den Hinterhof, um Parkgebühren zu schinden. Dann reserviert man und steht vor verschlossener Tür“. Bei einigen Nutzenden ist bereits ein gewisses Verständnis dafür da, dass es nicht an der App, sondern teilweise an anderen Nutzenden liegen könnte, wenn ein Rad nicht zu finden ist. Beispielsweise gaben Einige an, dass sie Sorge hätten „wie manche Menschen mit den Rädern umgehen“. Bereits durch andere Sharingangebote ist bekannt, dass Vandalismus durchaus ein Thema sein kann. Ein paar Personen gaben an, bereits Kontakt mit dem Service von Avocargo gehabt zu haben. Während einige Personen die Freundlichkeit der Servicemitarbeiter:innen betonten, entstand bei anderen Personen Verwirrung über die Mails hinsichtlich der Erklärungen zur Abrechnung. Hinsichtlich der Kostenstrukturen divergieren die Meinungen der Befragten ebenfalls. Während es einige als günstig empfinden, meinen anderen, dass der Preis zu hoch sei. Insbesondere der Tagespreis wird dabei als zu teuer empfunden. Eine differenzierte preisliche Staffelung wird von einigen Nutzenden gewünscht. Die Wünsche diesbezüglich reichen von einem 30-Minuten-Tarif über einen Tages- oder Wochenendtarif bis hin zu einem Abo. Auf Grund der oben bereits aufgezeigten hohen Grundzufriedenheit mit dem Angebot, scheinen die Vorteile die Nachteile zu übertreffen. Die bisher wahrgenommenen Nachteile werden eher als Verbesserungsoptionen wahrgenommen und selten als tatsächlicher Nutzungshinderungsgrund. Sharing ist für viele Personen besser als der Besitz Das Lastenrad im Sharing-Konzept kommt bei den Nutzer:innen gut an. Den Kauf eines Lastenrades können sich nur wenige (11% der Befragten) vorstellen. Mehr als die Hälfte der Befragten schließt einen Lastenradkauf momentan komplett aus. Ein Drittel der Befragten ist sich noch nicht sicher, ob sie ein Lastenrad kaufen möchten oder nicht. Es gibt Motivatoren und Hinderungsgründe für den Kauf eines Lastenrads bei den Personen, die sich einen Kauf (vielleicht) vorstellen können. Die Kaufmotivation ist vor allem in den Nutzungszwecken und der Vermeidung von Autofahrten begründet. Als Hinderungsgründe werden häufig der hohe Preis und die fehlenden Abstellmöglichkeiten genannt. Während einige Avocargo nutzen, um zu testen, wie häufig sie ein Lastenrad tatsächlich benutzen, sehen anderen in dem Angebot von Avocargo gerade den Grund ein Lastenrad nicht kaufen zu müssen. Der Hauptteil der Befragten stimmt der Aussage zu, sie würden das Lastenradsharing nutzen, da sie kein eigenes besitzen möchten. Das Sharing-Konzept ist besonders gut geeignet, um die bedarfsorientierte (seltene) Nutzung zu realisieren. Fazit Das Lastenradsharing-Angebot von Avocargo gibt es erst seit März 2021 in Berlin. Die im November durchgeführte Umfrage zeigt erste Insights der Nutzenden, der Nutzungszwecke sowie der Vor- und Nachteile der Dienstleistung. Insgesamt lässt sich festhalten, dass die hier Befragten überwiegend männlich sind, in Familien leben, gut gebildet sind und ein überdurchschnittliches Haushaltseinkommen aufweisen. Das Lastenradsharing wird ähnlich wie andere Sharingangebote nicht täglich genutzt, sondern entsprechend situationsabhängig und an den Bedürfnissen der Nutzenden ausgerichtet. Momentan nutzt knapp die Hälfte der Befragten das Angebot von Avocargo mindestens einmal im Monat. Die Nutzer:innen sind vor allem über die im Straßenraum stehenden Lastenfahrräder auf das Angebot aufmerksam geworden und haben bisher zu großen Teilen positive Erfahrungen gemacht. Sobald die Befragten die Avocargo-Lastenräder im Straßenraum sehen, lösen sie bei den Befragten positive Gefühle aus. Diese drücken sich im Wunsch einer persönlichen (Mehr-)Nutzung und in der Anerkennung des guten Konzeptes an sich aus. 80% der Befragten stimmen der Aussage zu, ein Lastenrad nur nutzen und nicht besitzen zu wollen. Lediglich 11% der Nutzer:innen planen ein Lastenrad zu kaufen. Häufig werden der hohe Anschaffungspreis und fehlende Abstellanlagen als Hinderungsgrund genannt. Avocargo dient einigen wenigen Personen als Testballon bevor ein Kauf in Erwägung gezogen wird. Das Lastenradsharing produziert bei der Nutzung nur selten neue Wege. Vielmehr ist es eine echte Alternative zu konventionellen Verkehrsmitteln. Bei der Frage, welches Verkehrsmittel genutzt worden wäre, hätte der Avocargo-Dienst nicht zur Verfügung gestanden, gab der Hauptteil mit 40% den Pkw an. Auf ausgewählten Strecken scheint das Lastenrad gegenüber dem Pkw Vorteile zu haben. So bietet das Lastenrad nicht nur viel Platz für die Beförderung von Kindern und den Transport von Einkäufen oder sperrigen Gegenständen, sondern es entfällt auch die lästige Parkplatzsuche am Zielort. Als weitere Vorteile werden benannt, dass man mit einem Lastenrad schnell durch die Stadt kommt, nicht innerhalb der Staus steht und keinen Führerschein benötigt. 70% der Befragten stimmen der Aussage zu, dass das Lastenradsharing einen privaten Pkw ersetzt kann. Insgesamt 81% können sich vorstellen, ein Auto zugunsten der vielfältigen Mobilitätsangebote abzuschaffen. Das Lastenrad, welches als umweltfreundlich, nachhaltig und modern angesehen wird, kann einen großen Teil zur Mobilitätswende beitragen. Politische Maßnahmen können das Lastenrad sowohl im Privatbesitz als auch im Sharing-System fördern. Neben einer guten Radwegeinfrastruktur könnten Förderungen beim Lastenradkauf und sichere Abstellanlagen unterstützend wirken. Vor allem eine umfangreiche Verfügbarkeit des Lastenradsharings sollte administrativ und politische unterstützt werden. So könnten bspw. sichere Abstellanlagen im Straßenraum ebenso hilfreich sein, wie entsprechende Ausgleichszahlungen für den Anbieter, sofern er Fahrzeuge in für ihn unattraktiven Gebiete zur Verfügung stellt. Autor:innen Tom Weber Josephine Steiner Nils Werner ENGLISH VERSION At the Cargo Bike Sharing Europe in Cologne, we had the possibility to present our findings on the study of Avocargo users in Berlin. Like other studies presented on the conference we see the importance of offering cargo bikes in sharing offers for specific use cases and a sustainable and space-saving alternative to the car. Below you will find a short summary of our study in English. A Survey of the users of Avocargo The survey features a particular group of people, which are characterized by a high education level and a high household income. The survey was mostly completed by males (70%) and the average age was 39. It also features mostly families with an average household size of 3 people. Looking at the availability of modes of transportation in the households, the respondents showed a clear affinity for bicycles. For one-third of the respondents, the bicycle is the only available mode, while the rest either have a private car or a ticket for public transport in combination with the bicycle. Additionally, the respondents are mostly familiar with shared mobility offerings, using them mostly just a few days per month. The usage of Avocargo is similar to the usage of the other sharing-offers. The service of Avocargo is clearly profiting from their cargo bikes being seen in the streets. About 87% of the surveyed said, they became attentive by the cargo bikes in the streets. Cargo bike sharing seems to be a possibility for interested people to get to know this form of mobility. 58% of the people said that Avocargo was their first experience with a cargo bike in general. Using the service of Avocargo for the first time, 88% of users stated, they had an at least rather positive experience. Especially for „newcomers“, a concrete introduction to the means of transport as well as the general conditions of the sharing principle is required. The positive experience of their first rides extends to the general feeling about the service. When asked what their first feeling is, when seeing the cargo bikes, mostly positive comments were made about practical and fun ways of using it, the possibility of using but not owning one or the happiness about an eco-friendly transport solution. The purpose of using the service is mostly private and not professional or commercial use. The use-cases of transporting bulky objects, transporting kids and for shopping were equally mentioned with around 50% of the users. For many users, the cargo bikes are an eco-friendly car replacement or extending multimodality option. 40% of the users would’ve used the car if the service had not been available on their last trip with Avocargo. Around 20% of the users would’ve either used the public transport or the bicycle. The service of Avocargo seems to replace existing modes rather than producing more traffic in the streets. Especially with the 40% of replaced car trips, cargo bike sharing has a great potential for saving CO2 on certain trips. When asked, if a cargo bike can replace a private car about 70% of the respondents at least agreed with this statement. Looking at the group of surveyed owning a car, the agreement is similar. Going one step further, the users were asked, if they could imagine getting rid of a car for a variety of mobility option. 81% of the respondents can imagine that. Looking at the owners of a private car still two-third can imagine getting rid of their car. This brings another push for the potential of the substitution of cars. The motivation for using cargo bike sharing is manifold. Users point out the advantages of the cargo bike sharing service against the use of a car. Less use of space makes it faster and easier to get around town and finding a parking spot with the cargo bike, especially in busy times. Also, the aspect of an eco-friendly transport seems important. On top of those general aspects of cargo bike sharing, the unique free-floating concept of Avocargo opens the possibility of one-way trips making it more convenient to use. The aspect of sharing is an important aspect for the respondents. Only 11% are planning to buy a cargo bike at the moment, 57% are clearly not planning on buying one. In addition, around 80% said, they like using the cargo bike sharing offer because they don’t want to own one themselves. In total we see a group of people that don’t just use the cargo bike sharing offer because of the use case but also because of what it stands for: a sustainable urban lifestyle. The many advantages of sharing cargo bikes comply with their selective needs and makes the offer an equal mode of transport to the car, with the potential of even replacing them in the long run. [1] Zur übersichtlichen Darstellung der Werte wurden diese gerundet. Daher kann es in den Grafiken gegebenenfalls zu Abweichung der 100% kommen. [2] https://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Anlage/StV/fahrrad-monitor-2021.pdf?__blob=publicationFile [3] Die Abbildung zeigt die Codierung offener Nennungen auf die Frage: Was motiviert dich im Vergleich zu anderen Verkehrsmitteln, das Lastenradsharing zu nutzen? Je größer die abgebildete Wortgruppe, desto häufiger wurde sie genannt. Die vier Farben geben Kategorien entsprechend der Legende wieder. [4] Die Abbildung zeigt die Codierung offener Nennungen auf die Frage: Welche Aspekte des Sharing-Systems Avocargo empfindest du als positiv bzw. negativ? Die grünen Symbole zeigen die positiven Aspekte, die roten Symbole zeigen die negativen Aspekte. Es werden Codierungen mit mehr als einer Nennung gezeigt.
- Dezentrale Wasserspeicherung als Zukunftsvision
Die Klimakrise ist allgegenwärtig. Der IPCC-Bericht 2022[1] verdeutlicht einmal mehr, wie wichtig und dringend es ist, jetzt für den Klimaschutz einzutreten. Jede weitere Verzögerung des Handelns mindert die Wahrscheinlichkeit, eine lebenswerte und nachhaltige Zukunft allen Menschen zu ermöglichen. Die bisherige Erwärmung um 1,1 Grad hat bereits Auswirkungen auf Menschen, Tiere und Pflanzen. Für die Zukunft in Europa werden vor allem Gesundheitsprobleme durch Hitzewellen, Dürren, Wassermangel, Überflutungen und steigende Meeresspiegel genannt. Die Herausforderung Starkregen Der Klimawandel führt zu immer mehr Wetterextremen. Der Deutsche Wetterdienst verzeichnete in den letzten Jahren vor allem in Großstädten vermehrt Hitzewellen[2]. Dabei wird eine Hitzewelle als eine mehrtägige Periode verstanden, in der die thermische Belastung besonders hoch ist. Sie gilt als Extremereignis und kann die menschliche Gesundheit, die Ökosysteme sowie die Infrastruktur schädigen[3]. Erhöhte Temperaturen können zu mehr Wasserverdunstung führen. Dies und mangelnder Niederschlag sind ursächlich für Dürren. Je nach Dauer einer Dürre kommt es zu unterschiedlichen Auswirkungen auf die Natur, die Wirtschaft, das Grundwasser[4] und damit die Basisversorgung der Menschen. Einerseits werden mehr Hitzewellen und Dürren verzeichnet, andererseits kommt es in den letzten Jahren vermehrt zu Starkregen und Überflutungen. Der Deutsche Wetterdienst definiert drei Stufen für Starkregen, beginnend bei einer Regenmenge von 15 Litern je Quadratmeter innerhalb einer Stunde bis hin zu Regenmengen ab 40 Litern je Quadratmeter in der Stunde[5]. Üblicherweise wird Regenwasser in die Kanalisation abgeleitet und anschließend in Klärwerken gereinigt oder aber in Seen und Flüsse geführt. Bei Starkregen gelingt dies jedoch nicht mehr. Es gibt mindestens drei Herausforderungen bei Starkregen. Erstens kann die Kanalisation die Menge des Wassers nicht aufnehmen. Da die Kanalisation nicht so weit ausgebaut werden kann, dass die Regenmengen bei Starkregen abtransportiert werden können, läuft die Kanalisation bei zu viel Wasser über. Das ist vor allem dann kritisch zu bewerten, wenn wie beispielsweise in Berlin[6] Fäkalien und Regenwasser zusammen in einem einzigen Kanal gebündelt zum Klärwerk befördert werden. Läuft dieser Kanal über, so gelangt das Wassergemisch in die umliegenden Gewässer und stellt damit eine Gefahr für Menschen, Tiere und Pflanzen dar. Zweitens erschwert bei Starkregen die hohe Fließgeschwindigkeit des Wassers an der Oberfläche die Wasseraufnahme über die Gullys[7]. Und drittens ist insbesondere innerstädtisch sehr viel Fläche versiegelt, sodass eine natürliche Versickerung kaum erfolgen kann. Sollte es zudem vor dem Starkregen noch besonders lange warm und trocken gewesen und die vorhandenen freien Bodenflächen aufgrund von Dürren ausgetrocknet sein, so kommt erschwerend hinzu, dass diese Böden im entscheidenden Moment kaum Wasser aufnehmen können[8]. Eine Versickerung des Regenwassers ins Grundwasser ist kaum möglich, wodurch der Starkregen zu Überflutungen führen kann. Doch was können Städte gegen Hitzewellen und Starkregen tun? Sind Städte schutzlos den Extremen ausgeliefert? Was tut Berlin bereits? Berlin eine Schwammstadt? Auch Berlin leidet zunehmend unter den zuvor genannten Problemen. So gab es beispielsweise im Juli 2016, Juni und Juli 2017 sowie Juli 2018 Starkregen[9] in der Stadt. Am 29. Juni 2017 fiel innerhalb von 18 Stunden in Berlin so viel Regen wie sonst innerhalb von drei Monaten[10]. Auch künftig soll es laut Forschern häufiger zu Dürrephasen und Starkregenereignissen kommen[11]. Berlin verfolgt daher schon länger die Vision, eine Schwammstadt zu werden. Eine Stadt, die das Regenwasser aufsaugt wie ein Schwamm, speichert und bei Bedarf das Wasser wieder verwendet. Im Rahmen des sogenannten Stauraumprogramms sollen bis 2024 insgesamt 400.000 Quadratmeter[12] Stauraum zur Regenwasserzurückhaltung in Berlin gebaut werden. Damit Berlin eine Schwammstadt werden kann, arbeiten viele Akteure zusammen. Unter anderem sind die Berliner Wasserbetriebe[13], die Berliner Regenwasseragentur[14], verschiedene Bauträger, Investor:innen, Stadtplaner:innen und Architekt:innen aktiv an der Gestaltung von Maßnahmen tätig. Es gibt auch eine rechtliche Einordnung für die Regenwassernutzung. So bildet das Gesetz zur Ordnung des Wasserhaushalts (Wasserhaushaltsgesetz WHG) die gesetzliche Grundlage. Seit 2018 müssen Bauvorhaben in Berlin so geplant werden, dass möglichst kein Regenwasser in die Kanalisation oder anliegende Gewässer geleitet wird. In Berlin werden zahlreiche Maßnahmen der Regenwasserbewirtschaftung dezentral realisiert, die die Stadt immer mehr zu einer Schwammstadt werden lässt. Doch welche Maßnahmen gibt es überhaupt? Die Maßnahmen der Regenwasserbewirtschaftung können in drei Ebenen untergliedert werden: Gebäude und Grundstücke, Quartiere sowie Kanaleinzugsgebiete[15]. Zum Bereich der Gebäude und Grundstücke zählen Maßnahmen wie Dachbegrünung, Fassaden- und Wandbegrünung und die Regenwassernutzung als Betriebswasser oder zur Gebäudekühlung. In Berlin sind fast vier Prozent der gesamten Dachfläche bepflanzt. So zählen die Dachterrasse des BIKINI, der Klunkerkranich auf den Neukölln Arcaden und der Dachgarten auf dem Fichtebunker zu den wohl bekannteren Dachgrünflächen[16]. Natürlich gibt es auch Ein- und Mehrfamilienhäuser, die eine entsprechende Dachbegrünung realisiert haben, doch es sollen noch mehr werden. Daher unterstützt Berlin mit dem Förderprogramm „1.000 Grüne Dächer“ das Anlegen von Gründächern in dicht besiedelten, innerstädtischen Bereichen auf Bestandsgebäuden[17]. Auf der Quartiersebene sind die Maßnahmen zur Regenwasserbewirtschaftung ebenfalls vielfältig. Neben der Mulden- und Flächenversickerung, können auch Schacht- und Rigolenversickerung (frz. Rigole = Rinne) sowie kombinierte Versickerungssysteme etabliert werden. Bei der Rigolenversickerung wird das Regenwasser unterirdisch in einen Bereich geleitet, in dem das Wasser zwischengespeichert werden kann und langsam versickert. Dabei kommen häufig Schotter- bzw. Kiesschichten zum Einsatz. Eine Bepflanzung der Versickerungsflächen (sogenannte Regengärten) ist möglich und kann weitere Vorteile mit sich bringen[18]. Darüber hinaus können Oberflächenbefestigungen im Quartier möglichst nur teilversiegelt sein und künstliche Wasserflächen angelegt werden. Eine dezentrale Regenwasserbehandlung ist ebenfalls denkbar. In Berlin gibt es einige Realisierungen hinsichtlich der Regenwasserbewirtschaftung auf Quartiersebene. Beispielsweise existiert an der Rummelsburger Bucht[19] eine eng bebaute Siedlung aus den 90er Jahren, in der es zahlreiche, wannenförmige Grünflächen gibt. Sie liegen tiefer als die Straßenhöhe, damit das Regenwasser von der Straße auf die Grünflächen fließen kann und dort versickern kann (Muldenversickerung). Auch an den Häuserwänden existieren kleine Grünstreifen, welche als Versickerungsmulden fungieren[20]. In der Neubausiedlung Quartier 52° Nord in Grünau fließt das Regenwasser ebenfalls nicht mehr in die Kanalisation, sondern versickert in Mulden und verdunstet auf den Gründächern der Gebäude. Das Besondere an diesem Quartier ist jedoch ein 6.000 Quadratmeter großes Wasserbecken, welches durch Regenwasser mit Hilfe von unterirdischen Rohren befüllt wird[21]. Zur dritten Kategorie, der Kanaleinzugsgebiete, gehören Maßnahmen wie Regenklärbecken oder aber auch Regenrückhaltebecken. Letztere sind unter anderem im Business Park Berlin-Bohnsdorf oder in der Pilgramer Straße in Mahlsdorf zu finden[22]. Andere Städte und Beispiele Das Konzept der Schwammstadt wird in zahlreichen Städten realisiert. Nicht nur innerhalb von Deutschland, sondern auch international. Beispielsweise haben sich sechs europäische Städte und eine chinesische Stadt im Rahmen des Projekts GROW GREEN zusammengeschlossen, um verschiedene Demonstrationsprojekte umzusetzen und über die Ergebnisse zu diskutieren[23]. Während in Manchester (Großbritannien) der West Gorton Community Park [TW1] [JS2] als Treffpunkt für Menschen und mit zahlreichen Regengärten und Senken[24] angelegt wurde, konzipierten die Spanier in Valencia im Rahmen eines Bürgerbeteiligungsprozesses einen vertikalen Garten an einer Schule und errichteten diesen. Die in Breslau (Polen) angelegten Regengärten [25] konnten ihre Funktion bereits im Juni 2020 unter Beweis stellen[26]. Der Blick über die Grenzen Europas hinaus, lohnt sich. Durch die schnelle Urbanisierung in China wurden immer mehr Flächen in den Städten versiegelt. Es war für den Boden kaum noch möglich, Regenwasser aufzunehmen. Überflutungen waren die Folge[27]. In China werden insgesamt 30 Schwammstädte (engl. sponge city) geplant[28] und nun nach und nach realisiert. Das Ziel Chinas ist es, dass bis 2030 insgesamt 80 Prozent der urbanen Flächen, mindestens 70 Prozent des Regenwassers aufnehmen[29] können. Dabei werden auch hier Maßnahmen wie Feuchtgebiete, Dachgärten, durchlässige Pflasterflächen, Versickerungsmöglichkeiten und Regengärten realisiert. Diese Maßnahmen werden in China als grüne Infrastruktur betrachtet, welche ebenso wie die bisherige „graue“ Infrastruktur (z.B. Straßen) geplant werden sollte[30]. Von Beginn an soll ein Big Picture, eine Vision, erarbeitet werden. Es erfolgt ein Umdenken in der Stadtplanung und der Art und Weise wie mit Wasser umgegangen wird. Der Park „Starry Sky“ in Shanghai[31], der Xinyu Xie Park in Wuhan[32], Lingang in Pudong[33] (u.a. wasserdurchlässige Bürgersteige[34]), Hainan Island[35] und Haikou City[36] sind hier als gute Beispiele zu nennen. Von der Herausforderung zu einer lebenswerten Stadt Die vorangestellten Beispiele der Regenwasserbewirtschaftung sind aufgrund der Herausforderung des Starkregens und der damit verbundenen Überflutungen entstanden. Sie können die Wahrscheinlichkeit für Überflutungen und den damit verbundenen Infrastrukturschäden reduzieren. Doch sie wirken nicht nur gegen diese Wetterextreme, sondern verzeichnen zahlreiche weitere Vorteile. Beispielsweise dienen die verschiedenen Erdschichten (z.B. Kies) bei der Versickerung des Regenwassers als natürliche Filter. Das auf diese Weise gereinigte Regenwasser kann somit das Grundwasser anreichern[37], welches wiederum Auswirkungen auf die Trinkwasserversorgung hat. Darüber hinaus werden die städtischen Pflanzen durch die Regenwasserbewirtschaftung besser versorgt. Gespeichertes Wasser kann zu einem späteren Zeitpunkt den Pflanzen erneut zugeführt werden, sodass diese ihren Wasserbedarf aufnehmen können. Ein weiterer Vorteil ist die Verbesserung des Stadtklimas. Durch die lokale Verdunstung von Regenwasser entsteht ein Kühlungseffekt, der vor allem in den Sommermonaten die Temperaturen innerhalb der Stadt mindern kann. Ein weiterer positiver Aspekt im Sinne einer lebenswerten Stadt ist die Erhöhung der Freiraumqualität. So tragen mehr Grünflächen oder Teiche zur Erhöhung der Aufenthaltsqualität bei und bilden gleichzeitig Naherholungsgebiete. Doch nicht nur der Mensch profitiert von den entsprechenden Maßnahmen. Durch die Erhöhung der Anzahl von Pflanzen und auch die Pflanzenvielfalt, entsteht wieder vermehrt ein Lebensraum für Tiere. Bienen, Käfer und Schmetterlinge finden nun auch innerstädtisch Nahrung und siedeln sich wieder an. Die Biodiversität kann durch Regenwasserbewirtschaftungsmaßnahmen gesteigert werden. Da die innerstädtischen Flächen begrenzt sind, müssen versiegelte Flächen mehr Grünflächen ermöglichen (z.B. Gründächer) und gleichzeitig muss geprüft werden, wie eine Entsiegelung von Flächen erfolgen kann. Bereits der Einsatz von anderen Pflastersteinen auf Parkplätzen kann nützlich sein, besser noch es werden Parkflächen und vollflächig versiegelte Straßeninfrastruktur gemindert. Ein Umdenken in der Stadtplanung hat bereits begonnen: weg von einer versiegelten Stadt, hin zu einer lebenswerten Stadt, welche resilienter auf die Veränderungen durch den Klimawandel reagiert. [1] https://www.ipcc.ch/reports/ [2] https://www.tagesschau.de/inland/deutschland-hitzwelle-aussichten-101.html [3] https://www.dwd.de/DE/service/lexikon/Functions/glossar.html?lv2=101094&lv3=624852 [4] https://www.dwd.de/DE/service/lexikon/Functions/glossar.html;jsessionid=157F9CFA847A5B66FF17E85065BD438E.live11052?lv2=100578&lv3=603288 [5] https://www.dwd.de/DE/service/lexikon/begriffe/S/Starkregen.html#:~:text=Der%20DWD%20warnt%20deswegen%20vor,m%C2%B2%20in%206%20Stunden%20(Unwetterwarnung) [6] https://www.rbb24.de/panorama/beitrag/2022/03/schwammstadt-berlin-regenwasser-als-ressource-klimawandel-schutz-wasserbetriebe.html [7] https://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/klimawandel-staedte-bereiten-sich-auf-wassermassen-und-duerre-a-1228766.html [8] https://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/klimawandel-staedte-bereiten-sich-auf-wassermassen-und-duerre-a-1228766.html [9] https://www.rbb24.de/panorama/beitrag/2021/07/berlin-hochwasser-gefahr-spree-havel-starkregen-schwamm-umwelt.html [10] https://www.bwb.de/de/schwammstadt-berlin.php#:~:text=Eine%20Stadt%2C%20die%20Regenwasser%20aufsaugt,innovativen%20Konzepten%20und%20intelligenter%20Infrastruktur. [11] https://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/klimawandel-staedte-bereiten-sich-auf-wassermassen-und-duerre-a-1228766.html [12] https://www.bwb.de/de/schwammstadt-berlin.php#:~:text=Eine%20Stadt%2C%20die%20Regenwasser%20aufsaugt,innovativen%20Konzepten%20und%20intelligenter%20Infrastruktur. [13] https://www.bwb.de/de/schwammstadt-berlin.php#:~:text=Eine%20Stadt%2C%20die%20Regenwasser%20aufsaugt,innovativen%20Konzepten%20und%20intelligenter%20Infrastruktur. [14] https://www.regenwasseragentur.berlin/ [15] http://www.kuras-projekt.de/index.php?id=78 [16] https://www.berlin.de/sen/uvk/natur-und-gruen/stadtgruen/stadtgruen-projekte/1-000-gruene-daecher/ [17] https://www.berlin.de/sen/uvk/_assets/natur-gruen/stadtgruen/stadtgruen-projekte/1-000-gruene-daecher/flyer_gruendaecher.pdf [18] https://www.bund-berlin.de/fileadmin/berlin/publikationen/Naturschutz/Wasser/Regenga__rten_fuer_Berlin.pdf [19] https://www.deutschlandfunknova.de/beitrag/regenwasser-schwammstadt-gruenflaechen-statt-kanalisation [20] https://www.deutschlandfunknova.de/beitrag/regenwasser-schwammstadt-gruenflaechen-statt-kanalisation [21] https://www.rbb24.de/panorama/beitrag/2022/03/schwammstadt-berlin-regenwasser-als-ressource-klimawandel-schutz-wasserbetriebe.html [22] http://www.kuras-projekt.de/fileadmin/Dokumenten_Verwaltung/pdf/Steckbrief_13_Regenrueckhaltebecken.pdf [23] https://cordis.europa.eu/project/id/730283 [24] https://growgreenproject.eu/key-features-manchesters-west-gorton-community-park/ [25] https://ec.europa.eu/research-and-innovation/en/horizon-magazine/sponge-parks-and-vertical-gardens-how-cities-are-using-nature-overcome-extreme-weather [26] https://growgreenproject.eu/city-actions/wroclaw/ [27] https://am.pictet/de/germany/mega/beispiele-fur-wassereffizienz-in-china [28] https://www.youtube.com/watch?v=8gLl50h8YWk [29] https://am.pictet/de/germany/mega/beispiele-fur-wassereffizienz-in-china [30] https://www.youtube.com/watch?v=k4dl5rNH4Tg [31] https://www.youtube.com/watch?v=8gLl50h8YWk [32] https://de.futuroprossimo.it/2021/09/citta-spugna-cosa-sono-come-funzionano-e-perche-ci-salveranno/ [33] https://de.futuroprossimo.it/2021/09/citta-spugna-cosa-sono-come-funzionano-e-perche-ci-salveranno/ [34] https://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/klimawandel-staedte-bereiten-sich-auf-wassermassen-und-duerre-a-1228766.html [35] https://www.youtube.com/watch?v=k4dl5rNH4Tg [36] https://www.youtube.com/watch?v=k4dl5rNH4Tg [37] https://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/klimawandel-staedte-bereiten-sich-auf-wassermassen-und-duerre-a-1228766.html












